: Geflügelpest scheint isoliert
Nordrhein-Westfalen beantragt für Zoos und Geflügelzüchter eine Sondererlaubniszum Impfen. Bislang noch kein Hinweis, wie die Vogelgrippe eingeschleppt wurde
BERLIN taz ■ Zuerst die gute Nachricht: Derzeit spricht nichts dafür, dass sich die Geflügelpest ausbreitet. Nach dem Ausbruch am Niederrhein seien keine neuen Verdachtsfälle bekannt geworden, sagte Ursula Horsetzky, Sprecherin des Bundeslandwirtschaftsministeriums.
Nun die schlechte Nachricht: Die Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten bestätigte gestern nach Tests an lebenden Tieren endgültig, dass der in Organproben verifizierte Erreger identisch mit dem in den Niederlanden und Belgien grassierenden Virus ist. Sollte die Seuche um sich greifen, werden wohl Millionen von Tieren geschlachtet werden müssen. Bislang sind in Deutschland 84.000 Tiere getötet worden.
Zumindest kurzzeitig sah es gestern so aus, als bestehe diese Gefahr schon: Als erste Spur, die das Übergreifen der Geflügelpest auf Deutschland erklären könnte, galt ein belgischer Futtermittel-Transporter, der den betroffenen Hof beliefert hatte. Von dort hatte er vier weitere Höfe in Bentheim in Niedersachsen angefahren. „Die stehen unter Beobachtung. Akute Gefahr besteht nicht“, sagte ein Sprecher des Düsseldorfer Agrarministeriums. Das Berliner Ministerium gab sogar Entwarnung. Sprecherin Horsetzky: „Die Krisenrunde hat diese Spur geprüft und keine harten Anhaltspunkte für eine Übertragung gefunden.
Die Krisenrunde hatte auch den Wunsch von Nordrhein-Westfalen debattiert, bei der EU eine Impferlaubnis für alle linksrheinischen Zoos und alle Züchter besonders wertvollen Federviehs zu beantragen. „Alle Länder haben dem Wunsch entsprochen“, so Horsetzky. Heute soll in Brüssel der zuständige Ausschuss entscheiden.
Wie schon bei der Maul- und Klauenseuche (MKS) gilt in der EU generell ein Impfverbot für erkrankte Tiere. Begründet wird dies vor allem damit, dass infizierte nicht mehr von geimpften Tieren zu unterscheiden wären – bei beiden werden Antikörper gebildet. So könne das Virus unbemerkt weitergelangen. Ein Ausweg wäre ein Marker-Impfstoff, durch den körpereigene Antikörper von den nach einer Impfung gebildeten unterscheidbar würden. Den gibt’s aber bislang weder gegen MKS noch gegen die Geflügelpest.
Sowohl Bauernpräsident Gerd Sonnleitner als auch NRW-Agrarministerin Bärbel Höhn (Grüne) nehmen die aktuellen Nöte zum Anlass, die EU zum Umdenken aufzufordern. In der Rheinischen Post plädierte Sonnleitner für eine Abkehr vom Prinzip „Impfen statt töten“. Allerdings gibt es auch gegenteilige Stimmen: Der sächsische Landwirtschaftsminister Steffen Flath erklärte in der Sächsischen Zeitung: „Das ist Populismus. Man kann überhaupt nicht prophylaktisch impfen.“ Impfungen erschwerten Seuchenbekämpfung, weil sie Krankheiten verschleierten.
NICK REIMER