: Festung gestürmt
Algerische Armee soll verbliebene 15 entführte Europäer aus der Wüste befreit haben. Zunächst keine Bestätigung aus Kanzler- und Außenamt
MADRID taz ■ Sechs Tage nach der ersten Geiselbefreiung in der südalgerischen Wüste sollen die anderen 15 Europäer aus der Gewalt der Entführer befreit worden sein. Nach Berichten von Reiseführern und Journalisten rund um Illizi befreite eine Spezialeinheit der algerischen Armee gestern im Morgengrauen die Touristen. Die Soldaten haben dabei vermutlich das als „Felsfestung“ beschriebene Versteck der Entführer im Tamelrik-Gebirge gestürmt. Die algerische Tageszeitung El Youm berichtete bereits gestern unter Berufung auf „Sicherheitskräfte“, die Touristen seien frei. Weder Bundeskanzler Gerhard Schröder noch Außenminister Joschka Fischer wollten dies bestätigen.
Radio France Internationale berichtete, ebenfalls unter Berufung auf „Sicherheitskräfte“, die Armee habe das Tamelrik-Gebirge, 150 Kilometer von Illizi entfernt, bereits seit Tagen umstellt. Am Sonntag sei dann das grüne Licht für die Befreiungsaktion gekommen. Laut algerischer Presse reisten hochrangige Militärs nach Illizi, um die Operation zu leiten. Die Armee hat danach mit den Entführern verhandelt und gleichzeitig die gewaltsame Befreiung vorbereitet.
Die 15 Geiseln, zehn Deutsche, vier Schweizer und ein Holländer, seien alle gesund und im Flugzeug auf dem Weg nach Norden. Wie viele Opfer es unter den bis zu 30 Entführern und aufseiten der Armee gegeben hat, blieb zunächst unbekannt. Die gleiche Armeeeinheit hatte vor einer Woche die ersten 17 Geiseln in der Nähe von Amguid befreit.
Die Entführung der 32 Touristen in den letzten drei Monaten war laut algerischer Presse „mindestens ein Jahr lang vorbereitet worden“. Die Geiselnehmer gehören nach Behördenangaben der Salafistischen Gruppe für Predigt und Kampf an. Sie sollen mit dem Al-Qaida-Netz von Ussama Bin Laden in Kontakt stehen. Nahe dem Versteck bei Amguid hatten algerische Militärs am Wochenende 13 Raketenwerfer ägyptischer Fabrikation entdeckt. Dies wurde von der algerischen Presse als weiterer Beweis für die Kooperation mit al-Qaida gewertet. REINER WANDLER