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Archiv-Artikel

Trittin: Ökosteuer subventioniert Wirtschaft

Unterm Strich zahlten die Bürger, die Industrie aber profitiere, so der Grüne. BDI-Chef: Trittin wirft Sand ins Getriebe

BERLIN taz ■ Die Wirkung der Ökosteuer auf die Industrie, die Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) in spätestens drei Jahren grundsätzlich untersuchen will, ist schon einmal überprüft worden. Das war 2001 – in einer Wette zwischen dem damaligen Wirtschaftsminister Werner Müller und dem Vorstandschef von Ford, Rolf Zimmermann. Müller wettete um eine Flasche Rotwein, Ford sei Nettogewinner der Steuer, weil die Firma mehr Lohnnebenkosten durch die Einzahlung der Ökosteuererlöse in die Rentenkasse einspare, als sie an Ökosteuer zahlen müsse. „Werner Müller hat diese Wette gewonnen“, erzählte Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) gestern.

Es war Tag 4 der neuen Ökosteuerdebatte. Michael Rogowski hatte ihn eingeleitet. Der BDI-Chef war Wirtschaftsminister Wolfgang Clement in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zur Seite gesprungen. Die Umweltpolitik der Regierung sei schuld, dass viele Firmen auswanderten. „Die Arbeitslosigkeit, die so entsteht, hat eine Farbe: Grün.“ Während Clement sein Bestes gebe, um Wachstum zu fördern, schaufele Trittin „haufenweise Sand ins Getriebe“. Sei der Emissionshandel erst im Gange, müssten deshalb „die Kostentreiber grüner Politik“ wie Ökosteuer und das Erneuerbare-Energien-Gesetz überprüft werden. Ähnlich hatte am Samstag Clement argumentiert.

Trittin nutzte deshalb gestern seine Begrüßungsrede vor den „Wissenschaftstagen“ zur Offshore-Windenergie in Berlin zu einer Replik. „Angeblich belastet die Ökosteuer die Wirtschaft“, sagte Trittin. „In Wirklichkeit haben wir es netto mit einer erheblichen Entlastung zu tun, weil die hohe Belastung des Faktors Arbeit durch die Ökosteuer gesenkt wird.“ Tatsächlich zahlten „die Bürger und Bürgerinnen“ die Steuer. Weil die Ökosteuersätze für Wirtschaft und Bauern ermäßigt seien, komme das darüber hinaus einer Subvention von 5,6 Milliarden Euro gleich, zitierte Trittin aus dem Subventionsbericht des Finanzministers.

Die Ökosteuer zeige inzwischen klare Effekte: Während vor Rot-Grün eher die Wirtschaft ihren Emissionen vermindert und im Verkehr sich der Ausstoß vermehrt habe, sei es inzwischen umgekehrt: Der Ausstoß der Industrie nehme zu und der des Verkehrs ab – um bis zu 1,5 Prozentpunkte jährlich. Schuld an der steigenden Emission der Industrie sei im Übrigen die Energiewirtschaft. „Die Autofahrer haben geholfen, das wieder wettzumachen, was die Kohle mehr ausgestoßen hat“, resümierte Trittin. MATTHIAS URBACH