: Ein unbarmherziger Reformer
Seit 1999 ist Hartmut Mehdorn Vorstandsvorsitzender der Bahn AG. Er hat es sich mit allen verscherzt
BERLIN taz ■ Hartmut Mehdorn wollte nie Lokführer werden. Nicht einmal eine Modelleisenbahn besaß er als Kind. Denn die kann nur im Kreis fahren. Langweilig. Lieber wollte er Pilot werden. Er lernte Maschinenbauer, entwickelte für Airbus in Toulouse diverse Flugzeugtypen, holte Anfang der 90er Jahre die Airbus-Endmontage nach Deutschland. Und nun ist Hartmut Mehdorn, 60, doch bei der Bahn geendet, und zwar nicht bloß vorübergehend: Bis 2008 ist sein Vertrag als Bahn-Chef gestern verlängert worden.
1999 hatte die Bahn den damals überaus erfolgreichen Industriemanager bekniet, ihr System zu reformieren. Herausführen sollte er, der als Macher gilt, das einst größte deutsche Staatsunternehmen aus der Krise. Aufräumen sollte er mit Moloch und Milliardengräbern, Tarifwirrwarr, Beamtenmentalität und politischem Gezerre, kurz: Er sollte die Dinge erledigen, an denen seine beiden Vorgänger Heinz Dürr und Johannes Ludewig gescheitert waren. Vier Jahre ist das her, vier Jahre, in denen Hartmut Mehdorn sich unbeliebt gemacht – bei Mitarbeitern wie Kunden.
Bahn-Chef war nie Mehdorns Traumjob, wohl aber eine Herausforderung für einen, der Umstrukturierungen liebt, unangenehme Entscheidungen wie Personalabbau im größeren Stil nicht scheut und in jeder Lebenslage Visionen parat hat. Seine Vision für die Bahn heißt: effizient, schnell, sauber. Am besten wie ein Flugzeug also. Konsequenterweise setzte Mehdorn auf ICE-Schnellzug-Ausbau, lange Strecken und Großkunden. Stilllegungen von Nebenstrecken hielt er für hinnehmbar. Wer Zweifel äußerte, bekam schon mal zu hören, er benehme sich „wie ein Sektierer“. Mit seinem offensiven Stil stieß Mehdorn die Stammklientel der Bahn – Pendler, Familien, Urlauber – ebenso vor den Kopf, wie er Kollegen vergrätzte: Mittlerweile beteiligen sich weniger als 40 Prozent der Beschäftigten an Mitarbeiterbefragungen; die Gewerkschaft Transnet klagt über „durchgängige Unzufriedenheit“.
In einer solchen Stimmungslage sind Reformen schwer durchsetzbar. Der für 2004 geplante Börsengang ist verschoben, die Milliardenlöcher sind nicht geschlossen. Aber was kümmert das einen wie Mehdorn, der die Konfrontation schon immer geliebt hat? Als die damalige Gesundheitsministerin Andrea Fischer 2001 gegen die Schließung der Suppenküchen in den Bahnhöfen protestierte, entgegnete er, sie könne ja „eine Essensausgabe im Reichstag organisieren“. HEIKE HAARHOFF