Kommentar :
Wahrheiten aus der untersten Schublade
Die Papiere über die Finanzlage Bremens in den Jahren 2003 bis 2007 lägen „in der Schublade“, hat Bremens Bürgermeister Henning Scherf vor der Wahl gesagt. Doch während des Wahlkampfes wird über unappetitliche Themen geschwiegen.
Der Finanzsenator legt im Senat Pläne vor, in denen für das Jahr 2005 mit 489 Millionen Schröder-Euro gerechnet wird – nur, weil Bremen im Jahre 2000 im Bundesrat seine Stimmen für die Steuerreform gegeben hat. 2006 soll die gleiche Summe nochmal fließen, 2007 wieder. Und das, nachdem im Jahre 2004 die Sanierungshilfe „abschließend“ mit 357 Millionen Euro auslief. Außerhalb der bremischen Käseglocke kann so etwas niemand ernst nehmen. Wenn man aber diese 489 Millionen Euro nicht einbuchen kann, dann gibt es keinen verfassungsmäßigen Haushalt, 2005 nicht und 2007 auch nicht.
Während die Politiker auf Optimismus machten, schrieben die Fachleute im Finanzressort für den Tag nach der Wahl auf, es stelle sich die Frage, ob Bremen als Stadtstaat ohne mehr Geld aus dem Länderfinanzausgleich „überhaupt in der Lage sein kann, Haushalte ohne Netto-Kreditaufnahme aufzustellen“. Eine rhetorische Frage aus Sicht der Fachleute.
Wenn die Stabilitätskriterien des Maastricht-Vertrages in Bremen umgesetzt werden müssen, heißt es in dem Geheim-Papier, dann „ist absehbar, dass [...] die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen in Bremen mit denen der vergleichbaren Großstädte nicht mehr gegeben sein wird.“ Das aber geht die Öffentlichkeit nichts an. Das sind Wahrheiten für die unterste Schublade.
Klaus Wolschner