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Archiv-Artikel

Bombardierung Dresdens

betr.: „Die Schatten der Taten müssen bleiben“, Interview mit Hannes Heer, taz vom 3./4. 4. 04

Herr Heer meint: „Gefährlich wird es aber, wenn man die Bombardierung von Dresden und die Opfer beschreibt – und ausblendet, dass dies für den ‚Juden‘ Klemperer die Befreiung war. Oder über den Feuersturm in Hamburg redet und nicht wahrnimmt, dass sich Hamburger Juden im KZ Theresienstadt gefreut haben, als sie davon hörten, weil sie wussten, dass der Krieg bald vorbei ist.“

Unterstellen wir mal, es gab diese Freude wirklich. War die Freude berechtigt? Hat die Bombardierung Dresdens und die Entfachung des Feuersturms in Hamburg irgendetwas mit der Befreiung der Juden zu tun? Nach allem, was uns die Geschichts- und Militärwissenschaft sagt, hat die Bombardierung vorwiegend ziviler Ziele und ziviler (alter) Männer, Frauen und Kinder zum Sieg der Alliierten praktisch nichts beigetragen. Klemperer und die Juden in Theresienstadt mögen diese Bombardements als Zeichen ihrer baldigen Befreiung verstanden haben, tatsächlich dazu beigetragen haben diese Massaker an deutschen Städten und Menschen wenig bis nichts.

Das ist aber nicht der entscheidende Punkt. Entscheidend ist, dass es sich bei den genannten Bombardierungen zweifellos um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehandelt hat. Warum wären aber von einem objektiven Standpunkt aus betrachtet Kriegsverbrechen an verängstigten kleinen Mädchen in den Kellern deutscher Großstädte anders zu beurteilen als an allen anderen verängstigten kleinen Mädchen dieses Krieges? Weil in Wannsee im Januar 1942 eine Versammlung von Staatssekretären, Polizisten und anderen Funktionären die vollständige Vernichtung der Juden beschloss? Weil sie anschließend dann im Geheimen ausgeführt wurde? Was hatten die bombardierten Kinder damit zu tun? Was die Hälfte der Bevölkerung (vor allem die Katholiken und Arbeiter), die in den freien Wahlen Hitler nicht gewählt hatte? Und wäre die im Zweifel eher kurze Freude von Klemperer und der Juden (nur der?) in Theresienstadt eine Rechtfertigung für die militärisch sinnlose, kriegsverbrecherische Auslöschung der deutschen Städte und Zivilbevölkerung? HARALD BOSCH, Stuttgart