: Mobil ohne Blech vor der Tür
Keine Parkplatzsuche, keine Reparaturen: Auto fahren, ohne eins zu besitzen, ist für viele Kölner eine attraktive Option. Auch Unternehmen entdecken Carsharing als Alternative zum eigenen Fuhrpark
Von Jessica Düster
Frühling. Die Sonne lockt nach draußen, Brückentage verführen zu verlängerten Wochenenden mit einem Trip in die Eifel oder an die Küste. Am komfortabelsten geht das für viele mit dem Auto. Wer keins besitzt, dem verhilft Carsharing zu Mobilität.
„Wenn Sie sich heute dazu entschließen, Carsharing-Kunde zu werden, können Sie am nächsten Werktag ab 13 Uhr losfahren“, meint Ulrich Ferber, Geschäftsführer von cambio Köln/Stattauto Carsharing GmbH. Ist man bereits Kunde, kommt man noch schneller an einen fahrbaren Untersatz. Voraussetzung ist die Buchung per Telefon oder Internet – und dass das gewünschte Fahrzeug verfügbar ist. Bei einer durchschnittlichen Wunscherfüllungs-Quote von 90 Prozent, so Ferber, sei das im Falle einer zeitigen Buchung gewährleistet. „Wenn Sie außerdem auf einen anderen Wagentyp oder eine andere Station ausweichen können, erhöhen sich die Chancen bei einer kurzfristigen Buchung.“
Bereits seit 1992 gibt es Carsharing in Köln. In den ersten Jahren firmierte man unter „Stattauto Köln“, bevor im März 2000 der Zusammenschluss mit „StadtteilAuto Aachen“ und „Stadtauto Bremen“ zu „cambio“ erfolgte. Seitdem werden Dienstleistungen wie Marketing, Finanzwesen, Internetauftritt und der Buchungsservice zentral von Bremen aus erledigt.
In Köln gibt es mittlerweile 22 Stationen mit Namen wie „Wicht“ an der Wichterichstraße in Sülz oder „Holle“ an der Hollweghstraße in Kalk, an denen man die Autos abholt und zurückgibt. Die neueste Station liegt in der Tiefgarage unter dem Heumarkt, die größte mit 40 Fahrzeugen in der Maastrichter Straße, dem Sitz von cambio Köln. Bei Bedarf richtet cambio weitere Stationen ein. So werden in Kooperation mit der GAG/Grubo Tiefgaragenplätze für Carsharing genutzt; deren Mieter erhalten Sonderkonditionen. An der Station „Stadthaus“ mit 16 Pkw bedienen sich ausschließlich Mitarbeiter der Stadt Köln.
Bislang teilen sich 4.300 Kölner die 130 cambio-Autos im Stadtgebiet. Das entspricht etwa 33 Nutzern pro Fahrzeug und liegt damit über dem bundesweiten Schnitt von 27,3. Nach Angaben des Bundesverbands CarSharing e.V. (bcs) wird ein Privat-Pkw statistisch gesehen sogar nur von 1,9 Personen genutzt.
Unter dem Motto „Nutzen statt besitzen“ setzt sich der Naturschutzverband BUND für die so genannte intelligente Nutzung des Pkw ein. Das Potenzial an Carsharing-Kunden bundesweit, so der BUND in einer Untersuchung über zukunftsfähige Verkehrspolitik, werde vom Bundesverkehrsministerium auf über zwei Millionen geschätzt; andere Studien gingen von bis zu sieben Millionen Kunden aus. Würden bis 2015 nur Teile dieses Potenzials erreicht, hält der BUND den weiteren Ausbau des Straßennetzes für überflüssig. „Der ökologische Gedanke ist heute ein angenehmer Begleiteffekt“, berichtet Ulrich Ferber, der bei der Gründung von „Stattauto Köln“ 1992 noch als „ökologischer Spinner“ belächelt wurde. In erster Linie zähle bei den Kunden heute jedoch das Preis-Leistungs-Verhältnis.
Der Aspekt der Umweltfreundlichkeit ist zwar auch für Elisabeth Herles wichtig, aber die Entscheidung für Carsharing traf die cambio-Kundin, nachdem ihr altes Auto den Geist aufgab. „Mein Mann und ich sind beide Radfahrer und brauchen nur ab und zu ein Auto“, erklärt die 31-jährige Journalistin. „Mit einem eigenen Kleinwagen wären wir wohl auf die gleichen Kosten gekommen, aber so entfällt die lästige Parkplatzsuche, man hat nach Bedarf verschiedene Autotypen zur Auswahl und muss sich weder um Reparaturen noch um Versicherungen und so weiter kümmern“, erklärt Herles.
Nicht nur für Privatkunden ist das Carsharing eine Alternative. „Wir haben mittlerweile etwa 60 Prozent Geschäftskunden“, sagt Ulrich Ferber. Einer davon ist der Pflegedienst Carola Leyendecker, deren 25 Mitarbeiter hauptsächlich Patienten in der Innenstadt betreuen. „Aber wenn wir Aufträge außerhalb haben, nutzen wir Carsharing“, berichtet Geschäftsführer Marc Bennerscheidt. Für den Pflegedienst sei dies die deutlich preisgünstigere und zeitlich flexiblere Alternative zum eigenen Fuhrpark.