: Oasen in der Grauzone
Eternit, ein sprödes Material, das wie gepresstes Pappmaché wirkt, wird in einer Ausstellung des Werkbunds zum 75-jährigen Bestehen der Eternit AG gewürdigt
„Das Publikum waren Tiefbauingenieure, Architekten, Dachdecker, Stadtverordnete und Kleingärtner.“ Diese Zusammenstellung erscheint nur auf den ersten Blick eigenartig und erschließt sich ganz selbstverständlich, wenn der Name Eternit fällt. Dieser Berliner Firma hat Rudolf J. Schmitt für zwanzig Jahren – von 1955 bis 1975 – die Produktinformationen und Werbeträger grafisch gestaltet. Ein Querschnitt daraus wird anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Eternit AG in der Galerie des Deutschen Werkbundes Berlin gezeigt.
Der Titel „Oasen in der Grauzone“ könnte nicht besser gewählt sein, wirkt doch das Material Eternit als Rohr, Dachplatte, Verkleidung oder als Möbel stets wie gepresstes Pappmaché. Wie können so spröde wirkende Produkte überhaupt anschaulich kommuniziert werden? Schmitt gelang es, indem er auf realistische Abbildungen weitgehend verzichtete und stattdessen – durchaus zeittypisch – die Formen und den Gebrauch der Produkte mit den Mitteln der Grafik abstrakt zum Ausdruck brachte.
Die schlichten, zunächst zweidimensional erscheinenden Motive verblüffen durch ihre Räumlichkeit. Den Umgang mit Volumen lernte Schmitt, der nach seiner Ausbildung zum Lithografen Grafik studierte, in einem amerikanischen Atelier kennen, das mit großen Bildformaten arbeitete. Dort wurde er vertraut mit der Technik, das Auge des Betrachters von einem Punkt zum nächsten zu führen und aus der Relation beider visuell Raum entstehen zu lassen.
Eine besondere Eigenart Schmitts war die Gestaltung ausschließlich mit Schrifttypen. Für die Fassadenplatten der Eternit AG etwa entwickelte er Skylines, die aus gleichen Wörtern bestanden. Für solchermaßen reduzierte Grafik können sich manche nicht begeistern, doch mit seiner an Bilder von Paul Klee erinnernde, unter dem Motto „Wasser ist Leben“ stehenden Reportage über die Anwendung von Eternit-Rohren für die Trinkwasserversorgung bewies er, dass auch nüchterne Gestaltung ein poetischer Aspekt innewohnen kann.
Die Ausstellung ist ein Teil der Serie „stand ort werk bund“, in welcher der Verein Projekte und Arbeiten seiner Mitglieder vorstellt, um im Hinblick auf sein 100-jähriges Bestehen im Jahr 2007 das aktuelle professionelle Potenzial öffentlich zu machen. Mit der Grafik von Schmitt für Eternit zeigt der Werkbund jedenfalls ein gelungenes Ergebnis für das von den Gründern aufgestellte Postulat, das Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk zu fördern. MIKAS
Deutscher Werkbund e. V., Goethestr. 13, 10623 Berlin-Charlottenburg, bis 4. Juni, Mo–Fr 15–18 Uhr, Katalog 4 €