DIE GESUNDHEITSREFORM WIRKT – UNGERECHT, SO WIE ERWARTET
: Ulla Schmidt lobt sich selbst

Hejo, Feiertage: Antreten zum Verbreiten von Erfolgsmeldungen! Eine bös angeschlagene Gesundheitsministerin kommt an nachrichtenarmen Pfingsttagen stärker zur Geltung als sonst. Eine Milliarde Euro Überschuss der Krankenkassen im ersten Quartal! Kassenbeiträge werden im Lauf des Jahres unter 14 Prozent sinken! Über eine Milliarde Euro weniger Arzneimittelausgaben als 2003!

In der Tat, die Gesundheitsreform wirkt. Es hat jedoch auch nie jemand daran gezweifelt, dass sie wirken würde. Die Frage war vielmehr, auf wen sie sich wie auswirken würde. Dass die Leute statt zum Arzt zwecks Rezeptbeschaffung nun direkt in die Apotheke marschieren, um sich mit Hustenlösern und derlei einzudecken, ist tatsächlich eine Folge der Gesundheitspolitik. Der Arztbesuch ist unattraktiver, also zahlen die Patienten die Mittelchen gegen Bagatellerkrankungen aus eigener Tasche. Die meisten sind ohnehin wirkungslos. Die Pillenkosten sind also auf die Patienten abgewälzt. Das mag Ulla Schmidt einen Erfolg nennen.

Weniger offen bekennt Schmidt sich zu dem Erfolg, dass nun auch Menschen, die von 300 Euro Sozialhilfe im Monat leben, Brillen, Fahrtkosten und Ähnliches komplett selbst zahlen müssen. Die zu Jahresbeginn angekündigten Bemühungen von Verbänden und Kommunen, Härtefälle von Praxisgebühr und Zuzahlungen auszunehmen, stecken im Ministerium fest, heißt es. Außerdem wurde dort und in der SPD vergessen, dass Beamte und Politiker mit einem der Praxisgebühr entsprechenden Betrag belastet werden sollten. Und ebenfalls verdrängt haben manche Beteiligte offenbar, dass die Milliarde Überschuss der Krankenkassen rein virtuell ist, weil ihr viele Milliarden Schulden gegenüberstehen, die die Kassen vor sich her schieben.

All diese schönen Erfolge möchte gewiss niemand zerreden, der in diesem Jahr eine Beitragssatzsenkung von zum Beispiel 14,4 auf 14 Prozent zu erwarten hat und deshalb bei 2.000 Euro brutto gute vier Euro im Monat spart. Damit kann er sich ab 2005 schon die Hälfte der neuen Zahnersatzversicherung leisten! ULRIKE WINKELMANN