: Gelsenkirchens Zukunft am Konferenztisch
Am Samstag soll die Gelsenkirchen-Konferenz der Stadt mit der höchsten Arbeitslosigkeit im Revier neue Perspektiven eröffnen. Jetzt streitet die rot-grüne Opposition über die richtigen Themen – Wirtschaftsförderung oder Bildung
GELSENKIRCHEN taz ■ Das Aktionspaket für die Gelsenkirchen-Konferenz am Samstag ist geschnürt – über das Programm sind die Parteien uneins. Gleiche Förderkulisse wie die Regionen in Ostdeutschland, Erweiterung der Mini-Jobzentrale und einer Fachhochschule, Containerterminal, Ansiedlungsoffensive – fordert die regierende CDU. Gelsenkirchens Oberbürgermeister Oliver Wittke (CDU) ist passionierter Jäger und setzt auf die Schrotflinte.
Der eine oder andere Treffer wird schon dabei sein. Mit OB Wittke hoffen alle im Rat der Stadt vertretenen Fraktionen (CDU, SPD, Grüne) darauf, dass mindestens 30 Prozent der Maßnahmen umgesetzt werden können. Das sei die dringend benötigte Soforthilfe, sind sich die Fraktionen einig. Die fraktionslosen Ratsmitglieder von PDS, FDP, dem Wahlbündnis AUF und zwei ehemalige REPS blieben bei der ganz großen Koalition außen vor. Aus der scheren nun auch SPD und Grüne aus, fordern Strukturen und Bewegungen, die über die Konferenz hinaus Bestand haben. Bei zu realisierenden Projekten dürfe es nicht allein um unmittelbare Arbeitsplatzrelevanz gehen. „Diese Vorhaben müssen einem gemeinsamen, übergeordnetem Ziel folgen“, fordert der SPD-Vorsitzende und OB-Kandidat Frank Baranowski. Schon bei seinem Amtsantritt habe Wittke zu einer ähnlichen Konferenz geladen, die wirkungslos verpuffte, kritisiert er. Statt dessen zerschlage die CDU mit der Emscher-Lippe-Agentur die einzige handlungsfähige überregionale Struktur.
Bei den „gemeinsamen, übergeordneten Zielen“ hapert es aber auch noch bei SPD und Grünen. Beide Parteien legen eigene Papiere vor. In der ablaufenden Ratsperiode hat es in Gelsenkirchen keine eindeutigen Lager gegeben. Die Sanierung des Hans-Sachs-Hauses haben CDU, Grüne und FDP durchgesetzt, den Haushalt SPD, Grüne und PDS verabschiedet, bei Verkehrsprojekten haben die beiden großen Fraktionen von CDU und SPD oft zusammengefunden. „Wir sind mit wechselnden Mehrheiten gut gefahren“, lautet das Fazit des grünen Kreisvorsitzenden Matthias Schmitz. Jetzt könnte sich die Waagschale wieder stärker in Richtung rot-grün neigen.
Weder das rote noch das grüne Positionspapier markiert unüberbrückbare Gegensätze. Die SPD verlangt nach einem Masterplan für Gelsenkirchen, die Grünen nennen es Leitbild. Sie wollen aus der einstigen „Stadt der tausend Feuer“ die “Solarstadt der tausend Sonnen“ machen. „Die Solarenergie muss zum Markenzeichen eines Kompetenzzentrums für Energie insgesamt werden“ erläutert Matthias Schmitz. Neben dem Kompetenzfeld Energie sieht die SPD auch das Feld Logistik für den nördlichen Teil des Ruhrgebiets.
Die Kritik, dass OB Wittke so genannte weiche Standortfaktoren wie Bildung und Kultur vernachlässige, teilen beide Parteien. Einig ist man sich auch in dem Bemühen, in der Gesundheits- und Seniorenwirtschaft zu punkten. „Da sind andere schon viel weiter,“ so Baranowski. Nach der Sommerpause will er bei einer Folgekonferenz ein erstes Controling der Ergebnisse.
MANFRED WIECZOREK
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