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Archiv-Artikel

Sonnenbrand als Kind, Hautkrebs im Alter

Mit 2.000 Schock-Plakaten warnen Dermatologen davor, Kinder der Sonne auszusetzen. Eincremen reicht nicht

taz: Ein Sensenmann, der kleine Kinder jagt – muss man Eltern so erschrecken?

Eckhard Breitbart: Der Sensenmann jagt die Kinder nicht. Der macht nur die Gefahr deutlich, der sie in der Sonne ausgesetzt sind. Natürlich ist so ein Motiv immer eine Gratwanderung. Es gibt immer sensible Menschen, denen das zu extrem ist. Aber wie sollen wir sonst durchdringen?

Wie groß ist die Gefahr?

Sehr groß. Jedes Mal, wenn Sie in die Sonne gehen, kriegen Sie auch Schäden in der Haut. Und je jünger Sie sind und je intensiver Sie das machen, umso größer ist die Chance, dass Sie dann nach 30 bis 40 Jahren Hautkrebs bekommen. Wenn ich mit meinem Kind in die Karibik fahre – das muss dort noch nicht mal einen Sonnenbrand kriegen –, hat es danach deutlich mehr Pigmentmale als Kinder, die hier am Baggersee geblieben sind. Sein Risiko, im Laufe seines Lebens einmal einen schwarzen Hautkrebs zu bekommen, erhöht das signifikant.

Käsebleich ist also gesund?

Nö. Zart gebräunt ist gesund. Zart gebräunt wohlgemerkt. Wir sollten weiterhin einen normalen Umgang mit der Sonne pflegen – wie er uns weißen Menschen angepasst ist. Was wir aber seit den 50er-Jahren betreiben, ist etwas ganz anderes. Wir tun ja so, als wären wir mitten am Äquator aufgewachsen, und schmeißen uns, sobald wir einen Sonnenstrahl sehen, pflichtschuldigst die ganze Kleidung vom Hals. Das tut etwa ein Mensch aus einem Mittelmeerland nicht.

Wird das Krebsrisiko durch UV-Strahlung unterschätzt?

Das Bewusstsein ist schon deutlich gewachsen. Über 70 Prozent der Bevölkerung weiß inzwischen, wie man sich in der Sonne richtig verhält. Aber noch längst nicht alle setzen das auch in die Praxis um. Besonders problematisch ist die UV-Belastung der Haut bei Kindern. Hier wird der Grundstein für jeden späteren Hautkrebs gelegt.

Selbst Sonnenschutzmittel sollen nicht vor Hautkrebs schützen, heißt es.

Das kann ein Sonnenschutzmittel beim üblichen Gebrauch gar nicht. Man muss sich auch der Sonneneinstrahlung und seiner Haut gemäß verhalten. Bis 11 Uhr und ab 16 Uhr können Sie am Strand sein. Dazwischen kommen 90 Prozent der UV-Strahlung ’runter: Da sollte man ganz was anderes machen. Wenn man trotzdem am Strand ist, sollte man immer sonnengerecht gekleidet sein. Das heißt: Hut, T-Shirt, halb lange Hose und Schuhe, die den Fußrücken bedecken. Dann können Sie den Rest mit einem Sonnenschutzmittel gut schützen. Wenn Sie die gesamte Haut mit Sonnencreme schützen wollten, müssten Sie eine ganze Flasche davon draufschmieren.

Welcher Lichtschutzfaktor ist Minimum?

Faktor 20 reicht völlig aus. Damit erreichen Sie schon weit über 95 Prozent des möglichen Schutzes.

Jeder hat doch schon mal Sonnenbrand gehabt. Kriegen wir jetzt alle Hautkrebs?

Selbstverständlich nicht. Aber wer mehr als 40 Pigmentmale auf seiner Haut entdeckt, sollte zweimal jährlich zum Arzt. Auch wer eine Neubildung auf der Haut bemerkt, sollte zum Arzt – egal ob die dunkel, schwarz, braun, rot, hell oder sonst was ist. Hautkrebs ist heilbar, wenn er rechtzeitig erkannt wird.

INTERVIEW: ARMIN SIMON