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Archiv-Artikel

Haut und Träume

Von BD

Den alten Körper sehen wir meistens verhüllt: Lange Blusen sollen Fettrollen auf der Hüfte kaschieren, blickdichte Strümpfe die Krampfadern verstecken, eine Betondauerwelle das schüttere Haar verstärken. Es wird der Eindruck erweckt, als müsse sich der Mensch jenseits der 60 automatisch hässlich finden, wenn er nackt in den Spiegel schaut.

Das Gegenprogramm ist ebenso deprimierend: 60-jährige Schauspielerinnen, die sich im Bikini in Vamp-Pose vor die Kamera stellen und betonen, wie viel Gymnastik sie täglich treiben, um „noch so jung“ auszusehen und noch „so erotisch“ zu wirken.

Das Problem ist der Maßstab: Der alte Mensch ist entweder im „Noch“-Alter („Für ihr Alter sieht sie noch ganz gut aus“) oder aber im „Nicht-mehr-Alter“ („Also in diesem Alter sollte sie das nicht mehr tragen“).

Vielleicht ist auch ein ganz anderer Blick möglich, ein Blick, der den Körper von der Fixierung auf Jugend befreit und öffnet, ein Blick, der dem alten Körper nicht die Sinnlichkeit stiehlt, sondern sie ihm im Gegenteil zurückgibt.

Wer die Bilder von nackten alten Menschen betrachtet, wird dabei immer mit sich selbst und den eigenen Normen konfrontiert: Was empfindet man als schön, welche Bilder sind warm, welche sind lustig, welche stoßen ab? Und warum? Bilder des alten Körpers sind für den Betrachter immer eine Entdeckungsreise in die eigene Seele. Am ehesten gelingt sie mit einer Portion Ironie. BD