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Archiv-Artikel

Henning rettet Radio Bremen ...

... wahrscheinlich nicht. Der Bürgermeister-Vorschlag, einen bundesweiten „Integrationskanal“ bei Radio Bremen zu installieren, hat kaum Aussicht auf Erfolg

BREMEN/BERLIN taz ■ Die Idee passt zu Scherf, aber einen bundesweiten deutsch-türkischen Integrationskanal von Radio Bremen wird es auf absehbare Zeit nicht geben. „Es ist nicht der Zeitpunkt, um über weitere Programme nachzudenken. Dafür ist in der ARD kein Geld da“, sagt ARD-Sprecher Martin Gartzke knapp. Und meint damit „eine Projektskizze“, die der Bremer Bürgermeister gestern in Berlin vorstellte.

Mit dem Programm könne die Integration der größten Ausländergruppe in Deutschland gefördert werden, betonte Scherf. Ein deutsch-türkisches TV unterstütze auch die bei einem Zuwanderungskompromiss bevorstehende Integrationsarbeit.

Natürlich könnte dadurch auch dem dauerklammen Radio Bremen (RB) wieder eine echte Lebensberechtigung gegeben werden. Hier soll das Integrations-Fernsehen laut Scherf nämlich produziert werden. Zunächst könnte es zwei bis drei Stunden täglich auf den Kanälen von Phoenix oder 3sat über den Äther rauschen und dann je nach Erfolg aufgestockt werden.

Scherf meinte, RB könne das Programm mit einem Aufwand von 20 bis 25 Millionen Euro und weniger als 50 Mitarbeitern in einer zweisprachigen Redaktion „unter Nutzung aller vorhandenen Know-how-Kapazitäten der ARD“ stemmen. Scherf behauptete, bei Vorgesprächen „nicht ausgebremst worden“ zu sein. Auch die Kollegen der unionsgeführten Länder wollten bestimmt alles tun, um eine Spaltung der Gesellschaft zu vermeiden, „wie sie in den USA, aber auch in Frankreich“ schon stattgefunden habe.

Gespräche mit der Sendeleitung habe es bereits gegeben, man verfolge „dieses Projekt mit großer Aufmerksamkeit“, sagte dazu RB-Sprecher Michael Glöckner. Mehr aber auch nicht.

Der Hintergrund für die nur gebremste Freude: Die in der ARD zusammengeschlossenen Anstalten dürften über weitere Geldgelüste des von den Großen gepäppelten Bremer Zwergensenders wenig erfreut sein. Auch dort gibt es – wie bei Radio Bremen – noch Personal, das abgebaut werden soll.

Außerdem haben die Ministerpräsidenten Stoiber (Bayern), Milbradt (Sachsen) und Steinbrück (NRW) gerade in ihrem sogenannten „SMS“-Papier gefordert, die Öffentlich-Rechtlichen müssten ihr Programm einschränken, nicht ausbauen. Zudem haben die Sender schon ihren Finanzbedarf bis zum Jahr 2008 angemeldet.

Scherfs Idee, den Ausländer-Kanal durch „Umschichtungen“ innerhalb der ARD zu finanzieren, bezeichnen Insider sogar als „skurril. Angesichts der knappen Finanzen müssten dann die Rundfunkorchester oder ‚Monitor‘ gestrichen werden.“

Kai Schöneberg