: Wellness-Kunst
Mit gutem Gewissen gemalt: Gotthard Graubner zeigt eine bunte Auswahl seiner farbigen Kissen in der Kestner Gesellschaft Hannover
Viele Menschen fühlen sich von neuer Kunst vor den Kopf gestoßen. Das mag vielleicht auch für Gotthard Graubners Werke gelten, die derzeit von der Hannoveraner Kestner Gesellschaft präsentiert werden. Doch immerhin hat der 1930 im Vogtland Geborene dafür gesorgt, dass dem Betrachter größere Blessuren erspart bleiben.
Graubner nämlich bemalt Kissen. Äußerst erfolgreich, schon seit etwa 40 Jahren, und immer in mehreren Schichten, so dass sich ein Schillern ergibt, vergleichbar jenem von Kinderzimmer-Nachtleuchten. Ein angenehmer Anblick, wenn auch kein besonders tief anrührender oder gar erregender. Die Kissen entfalten, ganz wie Ursula Sinnreich in der Neuen Züricher Zeitung urteilte, im „Oberlichtsaal eine majestätische Ruhe“. Ihre Färbung ist, das sieht man deutlich, das Resultat mühseliger Handarbeit. Und überhaupt ist Kissen das falsche Wort. Nicht etwa, weil man genau genommen stets den Bezug und nie das Kissen selbst färben würde, was natürlich auch stimmt. (Wobei sich, ganz vom anderen Rande her kommend, die Frage aufdrängt: Womit sind die Kissen eigentlich gefüllt?) Kissen ist, ganz im Gegenteil, deshalbdas falsche Wort, weil der feuilletonistisch-korrekte Ausdruck für Gaubners Kissen ‚Farbraumkörper‘ heißt. Wer’s probiert, wird’s bestätigen können: Das lässt sich auch deutlich besser nasal-säuseln als das profane ‚Kissen‘. Und alle Feuilletonisten säuseln gern nasal.
Graubner verziert nicht nur Kissenbezüge mit etlichen Farbschichten. Seit allerneuestem – was die Kritiker, die ihn für nicht entwicklungsfähig halten, Lügen straft – trägt er sie auch auf so genannte Elefantenhaut auf, genauer, auf handgeschöpftes nepalesisches Bütten. Ein kostbarer Werkstoff. Die Folge: Diese Arbeiten sind, wenn auch deutlich weniger voluminös, nicht minder farbig. Auch sie schillern, und hier besonders das Gelbe, das den hübschen Titel „Ganeshas Träume 3“ trägt, der direkt ins Reich der Bhagavadgita transportiert.
Genau genommen ist es natürlich eine immense Provokation: Gelassen jahrzehntelang schillernde Monochrome zu produzieren, als wäre man längst im Nirwana. Was um ihn herum vorgeht, scheint den Farb-Ästheten Graubner wenig zu kümmern. Er malt mit reinem Gewissen Bilder der Ruhe. Schließlich ist die immer vonnöten, und das Thema eignet sich allerbestens auch zur Dekoration des repräsentativer Bauten. Ja, selbst in der Wellnesslandschaft einer internationalen Hotelkette würde Graubners Farblicht niemanden verstören. Bes
Gotthard Graubner: Farblicht, Kestner Gesellschaft Hannover, bis 3. August, wattierter Katalog, 25 Euro