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Archiv-Artikel

„Ans Messer geliefert“

Deutsche Behörden liefern Oppositionellen den Behörden Togos aus. Der Asylsuchende wurde in Brandenburg zwei Mal Opfer rechter Gewalt. Initiative fordert Bleiberecht als Wiedergutmachung

von HEIKE KLEFFNER

Schwere Vorwürfe gegen die deutschen Behörden erhebt der Rechtsanwalt des togolesischen Oppositionellen Orabi Mamavi, der im Dezember 2002 im brandenburgischen Rathenow Opfer eines rassistischen Angriffs wurde und von der Ausländerbehörde des Landeskreises Havelland abgeschoben werden soll.

Die deutschen Behörden haben den Parteiausweis des 41-jährigen Togolesen, der ihn als Mitglied der oppositionellen „Convention Démocratique des Peuples Africains“ (CDPA) identifiziert, an die togolesische Botschaft in Bonn weitergegeben. Damit beschafften sich die Beamten die zur Abschiebung notwendigen Reisedokumente. Rechtsanwalt Rolf Stahmann sagt, sein Mandant habe den CDPA-Ausweis vor neun Jahren bei seiner Asylanhörung beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vorgelegt, um seine politische Verfolgung in Togo zu beweisen. Mamavi war dort vor seiner Flucht nach Deutschland wegen seines politischen Engagements gefoltert worden. Ob das Nürnberger Bundesamt oder die Behörde des Landkreises Havelland für die Weitergabe des Dokuments verantwortlich ist, lässt der Anwalt derzeit prüfen.

„Es kann nicht sein, dass Asylsuchende von deutschen Behörden ihren Verfolgerstaaten de facto ans Messer geliefert werden“, kritisiert Stahmann. Er geht davon aus, dass Mamavi im Falle einer Abschiebung hochgradig gefährdet ist, da die togolesischen Behörden von den deutschen Kollegen vor der Abschiebung über die Ankunft des Flugs informiert werden. Der Rechtsanwalt will nun einen Asylfolgeantrag für Mamavi einreichen.

Dessen erster Asylantrag wurde Ende 2002 letztinstanzlich abgelehnt. Damit begann für den schwer traumatisierten Asylsuchenden eine Phase anhaltender Ungewissheit. Zunächst wollte die Ausländerbehörde ihn im Juni abschieben, obwohl das Strafverfahren gegen den Angreifer, der Mamavi im Dezember letzten Jahres in Rathenow auf offener Straße schwere Augenverletzungen zufügte und mit rassistischen Sprüchen wie „Scheiß Neger“ beleidigte, noch nicht abgeschlossen war. Es könne nicht sein, dass das Opfer abgeschoben werde und der Täter davonkomme, empörte sich daraufhin die Staatsanwaltschaft in Potsdam und intervenierte bei der Ausländerbehörde. Die hat nun einen neuen Abschiebetermin Anfang September festgelegt, nachdem das Amtsgericht Rathenow am Dienstag nach einer Zeugenaussage Mamavis den rassistischen Schläger zu einer viermonatigen Bewährungsstrafe sowie einer Geldbuße verurteilte.

Für Mamavi war es nicht der erste rassistische Angriff. Im September 1997 war er gemeinsam mit drei anderen Flüchtlingen vor einer Diskothek in Rathenow von einer rechtsextremen Gruppe schwer misshandelt worden. Am 8. August sollen nun die Ermittlungen gegen die Täter aufgenommen werden.

Im August muss auch der Petitionsausschuss des Potsdamer Landtags über die Anträge der „Opferperspektive“ und des Flüchtlingsrats Brandenburg entscheiden, Mamavi als Opfer rechter Gewalt eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. „Mamavi sollte ein Bleiberecht verliehen werden, als Wiedergutmachung für das, was er von rassistischen Tätern in neun Jahren Rathenow erlitten hat“, fordert Kay Wendell von der „Opferperspektive“.