selbsthilfen in gefahr
: Kommerz sucht letzte Nischen

Erst die SSK, jetzt die SSM. Die Sozialistischen Selbsthilfen in Köln kämpfen derzeit um ihr wirtschaftliches Überleben. Zwar mag man auf den ersten Blick keinen Zusammenhang zwischen beiden Fällen sehen. Bei genauerer Betrachtung ist eins jedoch offensichtlich: Beide Male sind es Dritte, die den Ärger losgetreten haben, weil sie ihr wirtschaftliches Interesse durch die Selbsthilfen verletzt sehen – und sie daher loswerden wollen.

Kommentar von Susanne Gannott

Im einen Fall – bei der SSK – ist es ein privater Vermieter, der erst ein Haus günstig erworben hat, und jetzt so richtig schön Asche damit machen will. Im anderen Fall – beim Mülheimer Pendant SSM – ist es ein Amt, das auf bürokratische Vorgaben pocht, damit aber letztlich nur die Interessen gewerblicher Spediteure exekutiert. Und die fürchten, dass ihnen gemeinnützige Vereine wie SSM oder Emmaus das Geschäft verderben.

Und das geht natürlich nicht in diesen harten Zeiten: Geschäft ist Geschäft! Wen interessiert‘s, dass diese „Vereine“ neue Perspektiven für Arbeitslose schaffen, sich um Flüchtlinge oder Behinderte kümmern und nebenbei noch Wohnraum instand halten oder gar neuen schaffen? Dass sie für Menschen mit wenig Geld günstige Waren und Dienstleistungen anbieten und nebenbei mit Sperrmüllrecycling zum Umweltschutz beitragen?

Für solche „sozialen Mätzchen“ hatte man vielleicht in den goldenen 70ern Verständnis. Damals gab es auch noch Leute wie Ralf Sterk, die der SSK günstig Häuser vermieteten – oder wie Heinrich Böll, der der Gruppe ein Haus in der Liebigstraße schenkte! Damals schien es durchaus möglich, dass solche Gruppen mit ihren alternativen Lebensentwürfen eine Nische finden – und dort ihren Traum vom selbstbestimmten, „sozialistischen“ Leben träumen können.

Heute passt diese Koexistenz nicht mehr in die allseits verinnerlichte Verwertbarkeitslogik. Was tun? Die Stadt muss für die Selbsthilfen Partei ergreifen. Und sei es, weil sie von deren Arbeit profitiert – in barer Münze.