: Simbabwe bittet um UN-Hilfe gegen Hunger
Lebensmittelbedarf für Hungernde doppelt so hoch wie vor einem Jahr. Für die meisten Menschen sind Grundnahrungsmittel unerschwinglich geworden – zugleich explodieren die Gehälter an der Staatsspitze
HARARE taz ■ Nachdem Simbabwes Regierung ihre „Landreform“ bisher immer als Erfolg dargestellt hat, beantragt sie jetzt internationale Nahrungsmittelhilfe, um eine erneute Hungersnot abzuwenden. Das UN-Welternährungsprogramm WFP sagte am Donnerstag, es habe am Dienstag eine Anfrage für 711.000 Tonnen Mais erhalten.
Letztes Jahr versorgte das WFP zeitweise bis zu 4,7 Millionen Menschen – über ein Drittel der simbabwischen Bevölkerung – mit Lebensmittelhilfe von insgesamt 350.000 Tonnen, nachdem die landwirtschaftliche Produktion aufgrund der Beschlagnahme der meisten kommerziellen Agrarbetriebe durch die Regierung in den letzten Jahren zusammengebrochen war. Dieses Jahr rechnen Hilfswerke mit 5,5 Millionen Hilfsbedürftigen.
Sozialminister July Moyo hatte bereits letzte Woche einen Hilfsappell angekündigt, aber noch keine präzisen Zahlen vorgelegt. „WFP wartet auf eine formelle Bitte um bestimmte Größenordnungen“, hatte WFP-Sprecher Louis Clemens damals gesagt. „Mehrere große Geber haben klar gemacht, dass sie das brauchen, bevor sie Zusagen machen.“ Gestern sollten die UN-Organisationen einen gemeinsamen Hilfsappell über 113 Millionen Dollar für alle Aspekte der Krise in Simbabwe vorlegen.
Es wird nun Monate dauern, bevor tatsächlich Hilfsgüter Simbabwe erreichen. Die meisten Grundnahrungsmittel und Güter des täglichen Bedarfs sind aber schon jetzt in Simbabwe Luxus geworden. Mit einer Inflationsrate von derzeit offiziell über 360 Prozent, die bis Jahresende auf 1.000 Prozent steigen dürfte, gelten 90 Prozent der Bevölkerung als arm und essen höchstens einmal am Tag. „Mindestens 80 Prozent der Simbabwer leben unter der Armutsgrenze“, berichtet der Ökonom Eric Bloch. „Über die Hälfte hat nicht genug zu essen und kann sich keine ärztliche Versorgung leisten.“
Während die Menschen verarmen, leistet sich die Regierung von Präsident Robert Mugabe heftige Gehaltserhöhungen. Anfang Juli wurde das jährliche Präsidentengehalt von derzeit 1.873 US-Dollar – sehr wenig infolge des schlechten Wechselkurses der einheimischen Währung – auf 24.721 US-Dollar erhöht. Das Durchschnittsgehalt eines Arbeiters liegt in Simbabwe bei 728 US-Dollar im Jahr – und die meisten Simbabwer sind sowieso arbeitslos. Ähnlich gigantische Erhöhungen gab es für die beiden Vizepräsidenten, die Minister und ihre Stellvertreter, die Parlamentsabgeordneten, Provinzgouverneure und hohe Beamte. Zuvor waren die Gehälter für einfache Beamte lediglich verdoppelt worden – Reaktion auf einen Generalstreik.
Gleichzeitig drehte die staatliche Getreidebehörde GMB, die das Monopol auf den legalen Verkauf von Agrarprodukten hält, an der Preisschraube. Der Verkaufspreis von Mais an Müller zum Herstellen des Grundnahrungsmittels Maismehl, bisher bei 12 US-Dollar pro Tonne und kräftig subventioniert, steigt um das 22-fache; der für Weizen um das 12-fache. Dies dürfte an die Verbraucher weitergereicht werden, die bislang offiziell umgerechnet 0,75 Dollar für zehn Kilo Maismehl oder ein Laib Brot zahlten – wobei diese Dinge zuletzt fast nur noch auf dem Schwarzmarkt zu haben waren, für rund 2,50 Dollar.
GODFREY KARORO