demokratie ahoi!
: Protest gegen die Majors erlaubt

Aber hallo, nun ist es amtlich: Man darf in Berlin doch noch gegen die großen Musikkonzerne demonstrieren! Gegen Universal, gegen Sony und wie sie alle heißen, die von den Stadtoberen einst umworben wurden wie Halbgötter, damit sie in die Hauptstadt kamen. Arbeitsplätze und Glamour sollte das dem darbenden Berlin bringen. Dafür hat der Senat ihnen gerne billige Grundstücke und Wirtschaftsförderung vermacht.

KOMMENTAR VON WALTRAUD SCHWAB

Beinahe hätte die Großzügigkeit Berlins nun auch ein Verbot des Protests gegen die Majors beinhaltet. Der Demonstration gegen deren Machenschaften, mit denen sie unabhängige MusikerInnen um ihre Gema-Tantiemen bringen wollen, sprach die Versammlungsbehörde wochenlang den politischen Gehalt ab. Dabei, da sind sich die freien MusikerInnen, kleinen Labels, Ver.di und Attac einig, ist mit dem Vorgehen der Majors die Vielfalt der Musik in Gefahr.

In kaum einer Kunstgattung entsteht aus Idealismus, Selbstausbeutung und Besessenheit so viel Neues wie in der Musik. Es gibt wenige europäische Metropolen außer Berlin, deren Image so sehr davon profitiert, dass es hier trotz allem noch möglich ist, seine Kunst zu leben. Den KünstlerInnen nun aber die Peanuts streitig zu machen, die ihr bescheidenes Auskommen sichern, zeigt, worum es den Musikmajors geht. Um das Ausschalten der Konkurrenz.

Worum aber geht es Berlin? Was ist der Stadt die künstlerische Subkultur – die für den guten Ruf der Metropole sorgt – wert? Die Frage stellt sich in den letzten Jahren immer wieder. Beim Sparen ist die Subkultur die Melkkuh, beim Protestieren aber wird sie wie ein Pitbull behandelt, der einen Maulkorb braucht. Dabei zeigt schon ein Blick ins Namensregister: Der wirkliche Wolf ist doch der Wirtschaftssenator!