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Archiv-Artikel

Minister ohne Respekt vor Staatsgewalt

Jetzt ist er doch einmal aus der Rolle gefallen: Der bisher stets bieder auftretende Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hat versucht, mit seinem Dienstwagen eine Polizeisperre zu durchbrechen. Dabei lieferte er sich ein hitziges Wortgefecht mit einem Polizisten – und soll ihm sogar gedroht haben, dessen Karriere zu beenden. Anschließend rollte das Auto über den Fuß des Polizisten, der sich in einem Krankenhaus ambulant behandeln lassen musste.

Glos war am Dienstag auf dem Weg in die Hauptstadt-Repräsentanz der Deutschen Bank, in der das deutsch-kasachische Wirtschaftsforum stattfand. Dort warteten Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew sowie über 400 deutsche und kasachische Regierungs- und Unternehmensvertreter. Die Polizei kontrollierte auftragsgemäß die vorfahrenden Wagen – und dabei kam es zu der Auseinandersetzung, die ziemlich eskaliert sein muss. Es ist jedoch umstritten, welche Worte genau gefallen sind. Der Beamte erinnert sich, dass Glos ihm mit einem Ende seiner Polizeikarriere gedroht habe. So hielt er es auch in seinem Bericht über den Vorfall fest. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums dementiert allerdings, dass es zu dieser Drohung kam.

Unstrittig ist, dass der Fahrer von Glos dann Gas gab und dem Beamten über den Fuß fuhr. Der Beamte musste daraufhin in ein Krankenhaus, aus dem er aber noch am gleichen Tag entlassen werden konnte. Die Kollegen des Polizisten versuchten, die Personalien des Fahrers aufzunehmen – der wollte jedoch zunächst seinen Namen nicht nennen. Gegen den Fahrer wird nun wegen Nötigung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort ermittelt.

Glos, der nie Wirtschaftsminister werden wollte und in den dreieinhalb Jahren in diesem Amt auch nicht sonderlich aufgefallen ist, versucht sich jetzt in Schadensbegrenzung. In einem Brief an den Beamten schreibt er: Das „Zusammentreffen an der Zufahrtskontrolle zum Empfang des kasachischen Staatspräsidenten Nasarbayev stand leider unter keinem guten Stern“. Er sei „in Eile“ gewesen, um als Vertreter der Bundeskanzlerin Angela Merkel den Präsidenten zu empfangen, und „insofern war für mich Ihre Weigerung, uns passieren zu lassen, in diesem Moment nur schwer verständlich. Falls ich unwirsch reagiert haben sollte, bedauere ich dies.“

Außerdem zeigt Glos sich in dem Brief großzügig und zur Vergebung bereit: Sein Ärger sei „inzwischen verraucht“. Er hoffe, dass auch der Beamte ihm „die unglückliche Situation“ nicht nachtrage. Der Beamte habe diese Entschuldigung akzeptiert, sagte Polizeisprecher Frank Millert. Damit sei die Sache aus Sicht von Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch (SPD) erledigt.

SEBASTIAN HEISER