: Die größten Strippenzieher
Nur wenige Multiaufsichtsräte beherrschen die wichtigsten Unternehmen in Deutschland. Einflussreichster Manager ist Bayer-Aufsichtsratschef Schneider. Am besten bezahlt: VW-Piëch
BERLIN taz ■ Die Deutschland AG lebt weiter – in den personellen Verflechtungen: Die Kontrolle über die größten deutschen Unternehmen liegt in den Händen weniger Multi-Aufsichtsräte. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) gestern in Berlin vorlegte.
Demnach ist Bayer- und Linde-Aufsichtsrats-Chef Manfred Schneider der mächtigste Strippenzieher der Republik. Er allein kontrolliert 7 der 30 DAX-Unternehmen mit. Das Manager Magazin hatte diesen Titel kürzlich schon dem obersten Kontrolleur von E.ON und Münchner Rück, Ex-E.ON-Chef Ulrich Hartmann, verliehen, der insgesamt 10 Aufsichtsratsmanate innehat – allerdings zählen dazu auch Nicht-DAX-Unternehmen. Für einen einzelnen Chefaufseherposten am besten bezahlt wird aber Volkswagen-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch. Nach der letzten Erhöhung der Tantiemen bezieht der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Wolfsburger Autokonzerns 305.000 Euro Jahresgehalt. Mit 225.000 Euro an Nummer zwei liegt der oberste Kontrolleur bei DaimlerChrysler, Hilmar Kopper.
DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker erklärte, er sehe einen Trend „zum Berufsaufsichtsrat“. Da bei den Bilanzskandalen des letzten Jahres deutlich geworden sei, dass die Unternehmenskontrolle verbessert werden müsse, begrüße er das. Man müsse jedoch über eine Reform bei der Unternehmensmitbestimmung nachdenken. „Ich halte es für ausreichend, wenn die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat ein Drittel ausmacht“, sagte Hocker. Nach dem Mitbestimmungsgesetz gilt in Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten eine paritätische Verteilung. Dietmar Hexel vom Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes sagte der taz: „In einer Wirtschaftsordnung, in der das Wissen und Können der Mitarbeiter immer wichtiger wird, brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Teilhabe und demokratische Kontrolle.“
Die DSW hatte bei ihrer Studie die Arbeitnehmerseite ausgespart. „Gewerkschafter dürfen höchstens 2 oder 3 Mandate halten“, sagte DSW-Sprecher Jürgen Kurz. Eine Machtanhäufung wie auf der Kapitalseite sei also kaum möglich. BEATE WILLMS
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