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Archiv-Artikel

Babymissbrauch ohne Schaden?

Vater ließ Säugling an seinem Penis lutschen. BGH hielt vier Jahre Haft für zu lang

FREIBURG taz ■ Der Bundesgerichtshof hält es für denkbar, dass der sexuelle Missbrauch an einem drei Monate alten Kind keine Spätfolgen nach sich zieht. Dies geht aus einem bereits im April gefällten Urteil hervor. Nachdem diese Entscheidung im Magazin Focus heftig kritisiert wurde, teilte der BGH jetzt Einzelheiten seines Urteils mit.

Täter war demnach ein 31-jähriger Familienvater aus Nordrhein-Westfalen, der mit seinem Säugling und drei älteren Kindern allein zu Hause war. Als er das Baby zur Beruhigung in der Wohnung spazieren trug, begann dieses an seinem Arm zu nuckeln. Dadurch fühlte sich der Vater sexuell erregt und zog sich mit dem Säugling ins Schlafzimmer zurück. Dort ließ er das Baby an seinem Penis lecken und lutschen, bis es zum Samenerguss kam.

Als die Mutter später nach Hause kam, bemerkte sie Spermaflecken auf der Babykleidung, die der Mann bei seinen Säuberungsversuchen übersehen hatte. Als die Mutter ihn bei der Polizei anzeigte, gestand der Mann sofort und versuchte anschließend, sich das Leben zu nehmen. Ein Selbstmordversuch in Haft folgte. Das Landgericht Bielefeld hatte den Täter zu vier Jahren Haft verurteilt, was der BGH im April aber beanstandete.

Die Karlsruher Richter wiesen auf eine „Vielzahl gewichtiger Minderungsgründe“ hin, die das Urteil als zu hart erscheinen ließen. So hätte der nicht vorbestrafte Mann ohne Geständnis wohl nicht verurteilt werden können, er sei außerdem therapiebereit und die Tat beruhte auf einem spontanen Entschluss. Das Landgericht hatte keine Spätfolgen für das drei Monate alte Mädchen erwartet, was der BGH nicht beanstandete.

In Focus protestierte daraufhin der Direktor der Uniklinik Homburg, Peter Falkai. Die Richter verstünden nichts von Traumafolgen, die auch bei Kleinstkindern unkalkulierbare psychische Schäden nach sich zögen. „Ist das Opfer nur jung genug, fällt das Strafmaß niedriger aus“, könnten Pädophile nun glauben, so Falkai. Der Täter wurde inzwischen vom Landgericht Bielefeld in einer neuen Entscheidung zu drei Jahren Haft verurteilt.CHRISTIAN RATH