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Archiv-Artikel

Des einen Lust, des anderen Frust

Rund fünf Millionen Menschen leiden in Deutschland an unangenehmem Schweißgeruch. Bisher half nur eine aufwändige Operation. Stuttgarter Dermatologen haben eine weitaus sanftere Methode entwickelt. Sie saugen die Schweißdrüsen ab

Den vom Schweiß Geplagten blieb bisher oft nur ein großer Schnitt„In nur einer Stunde können wir die Schweißdrüsen absaugen“

VON PETER-MICHAEL PETSCH

Von der Stirne heiß rinnen muss der Schweiß, doch was, wenn er nicht nur von der Stirne rinnt, sondern sich auch unter den Achseln große Schweißseen bilden? Fünf Millionen Menschen in Deutschland neigen zu übermäßigem Schwitzen, was nicht nur unschöne Ränder unter den Achseln auf Hemden und Blusen verursacht, sondern manch empfindlicher Nase negativ auffällt. Denn anders als im Tierreich, in dem beispielsweise der Elch kilometerweit läuft, nur weil er den für seine Nase verführerischen Duft einer Elchkuh wahrnimmt, haben Körpergerüche in der Beziehungsanbahnung der Menschen untereinander ihre Funktion verloren. „Viele Menschen leiden sehr stark unter ihrer Neigung zur axillären Hyperhidrose, dem übermäßigen Schwitzen im Achselbereich“, so Oberarzt Ralf Merkert von der Hautklinik Stuttgart Bad Cannstatt.

Mit externen Schweißstoppern wie Antitranspirantien oder aluminiumhaltigen Cremes wurden bisher nur dürftige Ergebnisse erzielt. Medikamente, die die gesamte Schweißbildung reduzieren, sind auf Grund einiger Nebenwirkungen, zum Beispiel Mundtrockenheit, nicht zum Dauereinsatz geeignet.

Den Schweißgeplagten blieb bisher oft nur ein großer Schnitt. Um das feuchte Übel bei der Wurzel zu packen, musste ein etwa handgroßes Stück Haut unter beiden Achseln chirurgisch entfernt werden. Mit der Folge, dass neben den Schweißdrüsen auch die gesamte Achselbehaarung verschwand. „Die Patienten mussten einen mehrtägigen Krankenhausaufenthalt sowie große Schnitte mit allen damit verbunden Risiken von Operation und Vollnarkose in Kauf nehmen. Einige Patienten hatten nach der Entfernung durch die Vernarbung sogar Bewegungseinschränkungen“, erläutert Ralf Merkert die frühere Methode.

Doch derartige Torturen muss man nicht mehr in Kauf nehmen. „Wir sind heute in der Lage, Schweißdrüsen einfach abzusaugen“, erklärt Oberarzt Fabian Braun von der Hautklinik Bad Cannstatt. Gemeinsam mit seinen Kollegen Merkert und Jörg Keller hat er dieses neue Verfahren entwickelt. Nach über 1.000 Absaugungen in rund zwei Jahren können die Stuttgarter Dermatologen eine erste Bilanz ziehen: „Unsere Ergebnisse sind sehr positiv“, so Braun. „In nur einer Stunde können wir durch zwei bis vier kleine Schnitte im Achselbereich die lästigen Schweißdrüsen unter lokaler Betäubung absaugen“, erklärt Merkert.

Der minimal invasive Eingriff wird als ambulante Operation durchgeführt. Der Patient muss nicht über Nacht in der Klinik bleiben. Nach dem Einspritzen der Tumeszenz-Lösung weicht das Unterhautfettgewebe, in welchem die Schweißdrüsen liegen, auf und wird danach ähnlich wie bei einer Fettabsaugung mit einer dünnen Kanüle abgesaugt. Nach dem Eingriff werden die kleinen Schnitte mit einem Klammerpflaster verschlossen. Der Patient erhält zwei Tage lang einen Druckverband, danach reicht ein Pflaster. Der Patient kann bereits am nächsten Tag wieder arbeiten gehen. Ist die postoperative Schwellung nach wenigen Tagen abgeklungen, erinnern nur noch kaum sichtbare Narben und trockene Achselhöhlen an den Eingriff.

Die Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten des Herausschneidens der Schweißdrüsen unter Vollnarkose, verbunden mit einem mehrtägigen Krankenhausaufenthalt in Höhe von zirka 5.000 Euro. Doch die sanftere Methode des Absaugens müssen die Patienten selbst bezahlen. „Unsere Methode ist neu und wir können, da die Schweißdrüsen in verschiedenen Gewebetiefen liegen, nicht garantieren, dass wir 100 Prozent der Schweißdrüsen erwischen“, erläutert Braun. Man erreiche aber mindestens 80 Prozent der Störenfriede, was zu einer deutlichen Schweißreduktion führe.

Trotz der Kosten von 1.500 Euro für die Operation sind seine Patienten zufrieden. „Unsere Methode hat sich rumgesprochen. Mittlerweile kommen Patienten aus ganz Deutschland zu uns“, erzählt Merkert. Dass das Fehlen der axillären Schweißdrüsen einen negativen Einfluss auf den Wasserhaushalt oder den Wärmehaushalt des Körpers haben könnte, brauchen die Patienten nicht zu befürchten. Dafür sind die rund zwei Millionen Drüsen zuständig, die über die Hautfläche verteilt sind.

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