irak-resolution
: Grenzen deutscher Außenpolitik

US-Bürger und Westeuropäer, die nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurden, haben eine beruhigende Erfahrung gemeinsam: Im Prinzip geht für sie alles immer – relativ – gut aus. Jedenfalls ist es zum befürchteten Atomkrieg zwischen den Blöcken nicht gekommen, und ihr System hat dennoch gesiegt. Was liegt also näher als die Annahme, jede Situation ließe sich unter Wahrung aller eigenen Interessen in den Griff bekommen? Gegen diese Psychopathologie des Optimismus scheint die Realität nichts ausrichten zu können – nicht einmal in einem so bedrohlichen Fall wie dem des Irak.

Kommentar von BETTINA GAUS

Die Mittelmächte, die den Angriffskrieg für falsch gehalten haben, sind den Vereinigten Staaten bei den Verhandlungen über eine neue UN-Resolution für den Irak weit entgegengekommen. Zu weit sogar: Wenn nämlich der militärische Oberbefehl über die ausländischen Truppen mit Zustimmung der UNO bei den USA verbleibt, besteht die Gefahr, dass auch die Vereinten Nationen von den Feinden des Besatzungsregimes endgültig als Kriegspartei betrachtet werden. Damit wären alle Bemühungen der Weltorganisation um Wiederaufbau und Stabilisierung des Irak zum Scheitern verurteilt.

Aber Diskussionen über die Qualität des gemeinsamen Vorstoßes von Deutschland und Frankreich, dem sich nun offenbar auch Russland und China anschließen wollen, sind müßig – denn die Bush-Regierung hat erkennen lassen, dass sie nicht einmal zu moderaten Zugeständnissen bereit ist. Alles soll bleiben, wie es ist, nur Geld und Soldaten mögen, bitte schön, andere zur Verfügung stellen. Vermutlich werden das einige sogar tun. Denn es geht Staaten wie Frankreich und Russland nicht nur um politische, sondern auch um handfeste wirtschaftliche Interessen. Da sie diese nicht gegen Washington verfolgen können, werden sie sich mit den USA einigen. Und wider besseres Wissen hoffen, dass alles so schlimm nicht werden möge.

Der Handlungsspielraum für die deutsche Außenpolitik ist vor diesem Hintergrund klein. Wenn Elefanten kämpfen, leidet das Gras. Vor und während des Krieges konnten selbst kleine Staaten wie Belgien der Weltmacht USA lästig fallen. Die neue Unordnung aber handeln die Veto-Mächte untereinander aus. Das bedeutet nicht, dass die Bundesrepublik jede falsche Entscheidung mittragen muss – sondern lediglich, dass sie derzeit nichts verhindern und auch nichts erzwingen kann.

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