: Laden verkauft rechten Hass
Ein „Hate-Core“-Laden im Nordosten von Berlin sorgt für Ärger. Lokale Antifa sagt: der zweite Neonazi-Laden in Berlin. Die Polizei widerspricht: Die Marken sind rechts, nicht aber der Inhaber
VON FELIX LEE
Der Kontrast könnte größer nicht sein. Während im Park des eher alternativ geprägten Kiezes rund um den Humannplatz junge Mütter mit ihren Kindern spielen und sich ein paar Meter weiter ein Mittzwanziger mit Rasterlocken in der Sonne aalt, sitzen zwei Straßenzüge weiter in der Gustav-Adolf-Straße zumeist kahl geschorene Jugendliche am Bordstein und besaufen sich mit Dosenbier.
„Das ist noch nicht lange so“, erzählt eine Anwohnerin. Erst seit der Laden „Nordic Thunder“ eröffnet hat, seien ihr die Neonazis aufgefallen. Thomas Salinski von der Antifaschistischen Aktion Nordost (AANO) wundert das nicht. Bei dem Geschäft handele es sich um einen Laden für Rechtsextremisten, nach „Harakiri“ im Prenzlauer Berg der zweite Neonazi-Laden in Berlin.
Der Laden verkauft überwiegend „Hate-Wear“, ein Outfit aus der „Hate-Core“-Szene. Dabei handelt es sich um eine rechte Jugendkultur, die sich mal vom eher links besetzten „Hard-Core“ abgespalten hat. Symbol des Hate-Core ist der „Hass“.
Die Polizei glaubt nicht, dass es sich bei „Nordic Thunder“ um einen Neonazi-Laden handelt. Der Laden führe zwar Marken, die „von Rechten gern gekauft werden“, sagte eine Sprecherin. Ihr sei aber nicht bekannt, dass der Besitzer selbst der Neonazi-Szene angehört.
Salinski widerspricht: Der Besitzer sei Mitglied von „Born“, einem an sich zunächst harmlosen Motorradklub. Doch sei er zugleich den „Vandalen“ zuzurechnen, einer rechtsextremen Rockergruppe, die schon vor dem Mauerfall in Ostberlin aktiv war und heute regen Kontakt zu anderen rechtsextremen Organisationen und Parteien pflegt. Aus den Vandalen ging unter anderem die inzwischen verbotene Neonazi-Band „Landser“ hervor.
Die Antifa-Initiative hatte ihre Informationen über den Ladenbesitzer auf ihrer Webseite veröffentlicht. Daraufhin soll der Besitzer zum Händler eines nahe gelegenen Buchladens gegangen sein und ihn mehrfach bedroht haben. Den Buchhändler forderte er auf, ihm den Kontakt zur AANO zu vermitteln. Die AANO hatte in dem Buchladen mal ein Postfach. Das existiert allredings bereits seit einiger Zeit nicht mehr.
Bei „Nordic Thunder“ gehe es nicht nur um den Konsum für rechte Jugendliche, behauptet Salinski. Der Laden bereite der rechten Szene den „politischen Boden“, die sich in diesem Kiez zwischen Gustav-Adolf-Straße und Prenzlauer Promenade ohnehin immer weiter ausbreite.
In der Tat häufen sich in diesen Teilen von Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee in letzter Zeit die rechtsextremen Aktivitäten. Nicht nur, dass in den vergangenen Monaten vermehrt Aufkleber und Plakate mit fremdenfeindlichen und antisemitischen Aufklebern an den Laternenpfählen kleben. Erst vor zwei Wochen kam es zu einem antisemitischen Übergriff auf einen Passanten, der einen Davidstern angesteckt hatte. Am Übergriff waren stadtbekannte Neonazis wie Andrew Harnisch und Jörg Hähnel beteiligt. Hähnel ist der offizielle Aufrufer des geplanten NPD-Aufmarschs am 11. September in Kreuzberg.
Vor allem die Rechten in Pankow sehen sich im Aufwind. Vor einigen Wochen hat sich hier die Vereinigung „Vereinte Nationalisten Nordost“ (VNN) gegründet, ein Zusammenschluss ehemaliger NPD-Mitglieder und Kameradschaftsaktivisten. Auch sie haben ihre Wurzeln im Nordosten Berlins.