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Archiv-Artikel

Preise wie vor hundert Jahren

Fair gehandelter Kaffee ist kein Ausweg aus der weltweiten Kaffeekrise, aber eine konkrete Hilfe für hunderttausende Kaffeebauern, die um ihre Existenz bangen

Der dritte Satz im aktuellen Bericht der International Coffee Organization (ICO) zur weltweiten Lage der Bohne und ihrer Produzenten sagt alles: „Zu Beginn der 1990er-Jahre betrugen die Exporterlöse der Kaffee produzierenden Länder noch 10–12 Milliarden Dollar, die Industrieländer hatten einen Verkaufserlös von 30 Milliarden; jetzt sind die Verkaufserlöse der Industrieländer auf 70 Milliarden Dollar angestiegen, aber die produzierenden Länder bekommen nur noch 5,5 Milliarden.“

Im Bezug zur realen Kaufkraft war der Kaffeepreis seit 100 Jahren nicht mehr so niedrig wie heute, seit den 1980er-Jahren hat er sich halbiert – auf 53,23 Dollar für 100 amerikanische Pfund im Jahresdurchschnitt 2002. Besonders Vietnam und Brasilien haben in den vergangenen Jahren den Markt mit ihren Bohnen aus Großplantagen geradezu überschwemmt. Das ruinierte die etwa 125 Millionen Kleinbauern. Und auch die Großimporteure sind nicht begeistert über den Wertverfall ihrer Ware.

Die Ratschläge zur Krisenbekämpfung reichen vom Versuch, den Konsum in den reichen Ländern anzukurbeln, bis zur Idee, 300.000 Tonnen Kaffee schlechterer Qualität zu vernichten. Sympathischer ist der Versuch der ICO, die Erzeuger auf höhere Qualität zu orientieren, um hochpreisige Gourmet-Kaffees zu produzieren. Die sinnvollste Hilfe für viele Kaffeebauern ist nach wie vor der fair gehandelte Kaffee.

Die Preisschere zwischen diesem und konventionell gehandelter Konkurrenzware geht weit auseinander. Das Fairhandelshaus gepa etwa zahlt den Genossenschaften derzeit mehr als das Doppelte des Weltmarktpreises: Statt der 53,23 Dollar je 100 amerikanische Pfund erhalten die Kaffeebauern das von der Fair Trade Labeling Organization (FLO) festgesetzte Fixum von 126 Dollar für konventionell und 141 Dollar für biologisch angebauten Kaffee. Dennoch: Die fair gehandelte Bohne bleibt ein Nischenprodukt. FRIEDHELM FAHRIAN