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Archiv-Artikel

Neue Steuern sollen Asse-Löcher stopfen

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will die Atomkonzerne an den Sanierungskosten der Endlager beteiligen

BERLIN taz ■ Koalitionsstreit programmiert: Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will eine Steuer auf Kernbrennstoffe einführen. „Es kann nicht sein, dass Profite privatisiert und die Schäden sozialisiert werden“, sagte Gabriel zu den hohen Sanierungskosten des Atommülllagers Asse II. „Mehr als zwei Drittel des in Asse eingelagerten radioaktiven Inventars gehen auf das Konto der Atomkonzerne“, sagte Gabriel. Gleichzeitig hätten sich die Energieversorger bislang zu wenig an den verursachten Kosten beteiligt.

Auch Umweltverbände und Atomkritiker hatten zuletzt regelmäßig eingefordert, die Energieversorger stärker an den Kosten für Stilllegungen und Entsorgungen in der deutschen Atombranche zu beteiligen. Außerdem war Ende der vergangenen Woche bekannt geworden, dass das ursprünglich als Versuchsanlage geplante Atommülllager Asse auch ein Genehmigungsgrund für neue Kraftwerke war, da es als Entsorgungsnachweis diente. Dadurch profitierten die AKW-Betreiber zusätzlich. Sie konnten neue Kraftwerke in Betrieb nehmen und damit Gewinne in Milliardenhöhe machen.

Mit der Abgabe auf Brennstoffe für Atomkraftwerke soll sich das nun ändern und der Bundeshaushalt um jährlich 1,6 Milliarden Euro entlastet werden, so Gabriel. „Dazu werden 1 Cent pro Kilowattstunde fällig.“ Rechtlich sei dies kein Problem. Zwar verbiete das EU-Recht prinzipiell eine Steuer auf Energieträger, „allerdings mit einer Ausnahme: für Kernbrennstoffe“, so Gabriel.

Sorgen, dass eine solche Steuer die Strompreise ansteigen lasse, trat der Minister entgegen. Denn Atomkraftwerke spielen für die Preisbildung an der Leipziger Strombörse keine Rolle. „Mit der Steuer würden wir lediglich den Gewinnanteil der Betreiber verringern“, sagte Gabriel – und das Gemeinwohl entlasten.

Die Union hält wenig von diesen Vorschlägen des Bundesumweltministers. Gabriel wolle nur weitere Steuern und Abgaben sammeln, um die erneuerbaren Energien zu fördern, sagte ein Sprecher der Unionsfraktion. Damit dürfte die SPD ein weiteres Wahlkampfthema gefunden haben. Gabriel: „Angesichts der enormen Kosten für die Sanierung der Atommülllager können sich aber auch die Haushaltspolitiker von CDU und CSU den Argumenten für eine Steuer auf Kernbrennstoffe nicht verschließen“. Trotzdem rechne er selbst nicht mehr mit einer Einigung vor der Bundestagswahl.

Die Grünen, mit denen die SPD einst den Atomkonsens beschlossen hatten, begrüßten den Vorschlag. Zwar würde dieser Steuerschritt am Status Quo des Atomausstiegsvertrages rütteln und ihn dadurch gefährden, die umweltpolitische Sprecherin Sylvia Kotting-Uhl der Bundestagsfraktion hält das aber für gerechtfertigt: „Die Industrie rüttelt ja selbst ständig an diesem Vertrag.“ SUSANNE GÖTZE