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Archiv-Artikel

Arbeitsberatung für Frauen gefährdet

In Bremen und Bremerhaven bangen BeraterInnen, dass BerufsrückkehrerInnen bald ohne Hilfe dastehen: Weil das SPD-geführte Arbeitsressort nicht länger zahlen will, droht für das kommende Jahr selbst das Geld aus Brüssel auszubleiben

Von ede
„Das ist nicht die Politik, die SPDler machen sollten“, sagt der SPD-Fraktionsvize

bremen taz ■ Hält Bremens SPD-Arbeitssenatorin die Berufsberatung für Frauen, die in den Beruf zurückkehren wollen, neuerdings für einen Ausgabe-Posten unter vielen? Danach sieht es aus, seit die Abgeordneten in der zuständigen Deputation im Frühsommer ohne Aufhebens einer Vorlage aus dem Haus von Karin Röpke (SPD) zustimmten. Die Frauen-Beratungsstellen müssen demnach künftig selbst rund die Hälfte aller Mittel auftreiben, die ihre Arbeit kostet: Beratung in Weiterbildung und Existenzgründung, Berufswegplanung oder konkretes Jobtraining sowie Vermittlung. Geld ist nicht in Sicht.

Die so genannten Komplementärmittel, die künftig fehlen werden, flossen bislang zum großen Teil aus der Landeskasse. Sie ergänzten die Summen, die Bremens Beratungsstellen mit Förderanträgen traditionell in Brüssel loseisen konnten, zu gleichen Teilen. Aber: Das Geld aus Europa fließt überhaupt nur, wenn auch von deutscher – hier: bremischer – Seite die entsprechende Summe beigesteuert wird. Noch kann keine der „Zurück-in-den Beruf“-Beratungsstellen (zib) in Bremen und Bremerhaven oder die auf die Situation von Migrantinnen spezialisierte Mibop Entwarnung geben.

Den insgesamt rund zehn Mitarbeiterinnen flattert das Hemd. Sie zittern zum Jahreswechsel um den eigenen Arbeitsplatz – aber auch um die Zukunft ihrer besonderen Arbeit. „Für arbeitslose Frauen hat sich doch seit Gründung der zib-Beratungsstellen vor 15 Jahren nichts verbessert, im Gegenteil“, argumentieren sie. Dass ausgerechnet jetzt die über Jahre erfolgte Förderung gekappt wird, finden sie arbeitsmarktpolitisch völlig falsch.

„Das ist nicht die Arbeitsmarktpolitik, die Sozialdemokraten machen sollten“, kommentiert sogar der SPD-Fraktionsvize Siegfried Breuer die aktuelle Lage. Er ist zugleich Leiter des Bremerhavener Arbeitsförderungszentrums, dem die dortige zib-Beratung angeschlossen ist. „Ich weiß, dass man in diesen Zeiten nicht aus dem Vollen schöpfen kann“, sagt Breuer. Aber in Bremerhaven sei die mit eineinhalb Stellen ausgestattete zib-Beratung „hoch anerkannt“ und zudem einzigartig.

„Für diese Frauen, von denen viele allein den Unterhalt ihrer Familien verdienen müssen, gibt es in der Stadt keine alternativen Strukturen“, sagt Breuer. Langjährige Arbeit habe zu einer guten Vernetzung mit Firmen vor Ort geführt. Vielfach könnten Ratsuchende deshalb sogar in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden.

Dass das weiter funktionieren wird, kann Breuer derzeit nur hoffen. Es gebe eine Zusage, dass das zib eine Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme gewährt bekommt. „Das wäre ja schon ein kleiner Teil an Komplementärmitteln, die wir gegen Geld aus Europa aufrechnen könnten“, sagt Breuer. Auch habe ihm die Senatorin versichert, noch sei nicht aller Tage Abend. Der Sprecher des Arbeitsressorts, Klaus Krancke, will sich unterdessen auf nichts festlegen lassen. „Wir können für das kommende Jahr noch keine Aussagen machen“, sagt er.

In Bremen lädt die Bremer Arbeit GmbH (bag) wegen der allgemein herrschender Unruhe in dieser Woche zur Krisensitzung. „Wir werden mit den Beratungseinrichtungen besprechen, welche Anträge fürs nächste Jahr gestellt werden“, sagt bag-Chefin Katja Barloschky. Die Lage müsse gründlich sondiert werden – so dass die Berufsberatung für Frauen weiter laufen könne. „Die ist heute wichtiger denn je“, betont sie. „Es muss unter allen Umständen gelingen, die Beratung zu erhalten.“ Besondere Sorge macht allen Fachleuten die Entwicklung nach Januar 2005, wenn erwartungsgemäß vor allem erwerbslose Frauen keine Leistungen der Arbeitsagentur mehr erhalten – weil das traditionell höhere Einkommen ihrer Partner angerechnet wird. Dies könne dazu führen, dass ihre Anliegen weniger ernst genommen würden – denn sie kosten die öffentliche Hand ja nichts. ede