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Archiv-Artikel

Köhler bringt den Osten in Rage

Ostdeutsche Ministerpräsidenten aller Couleur kritisieren den Bundespräsidenten. Der fordert: Ostdeutsche sollen sich mit ungleichen Lebensverhältnissen abfinden

FRANKFURT/BERLIN ap/dpa/afp Einen Sturm der Entrüstung hat Bundespräsident Horst Köhler mit seiner Forderung entfacht, die Ostdeutschen müssten sich mit den unterschiedlichen Lebensverhältnissen abfinden. Unter Verweis auf das Grundgesetz verlangten mehrere Ost-Ministerpräsidenten aus CDU und SPD gestern, es müsse an dem Ziel gleicher Lebensverhältnisse festgehalten werden.

Köhler sagte am Wochenende in einem Focus-Interview, es gebe „überall in der Republik große Unterschiede“. Das gelte von West nach Ost wie von Süd nach Nord. „Wer sie einebnen will, zementiert den Subventionsstaat und legt der jungen Generation eine untragbare Schuldenlast auf.“ Deutschland müsse aber wegkommen vom Subventionsstaat, so Köhler. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) räumte in der Bild am Sonntag zwar ein, dass regionale Unterschiede zur Lebenswirklichkeit gehörten. Man könne aber nicht einverstanden sein, dass die Schere bei der Arbeitslosigkeit von 5 auf 25 Prozent aufgehe.

Die CDU-Vorsitzende Angela hingegen verteidigte den Bundespräsidenten. Sie sagte der Süddeutschen Zeitung: „Dass es Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen in ganz Deutschland gibt, ist richtig. Genau das ist auch das Merkmal unseres Wettbewerbsföderalismus.“ Sie fügte allerdings hinzu, es sei im gesamtdeutschen Interesse, dass sich die Schere zwischen Ost und West schließe. Auch Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) schloss sich Köhler an. „Der Bundespräsident hat mit seinen Äußerungen grundsätzlich Recht“, sagte er der Financial Times Deutschland. Die Anstrengungen für den Aufbau Ost sollten aber nicht verringert werden.

Der Bundespräsident hat im Focus zudem die Muslime aufgefordert, sich eindeutiger vom islamistischen Terror zu distanzieren. Köhler sagte: „Ich wäre froh, wenn die Muslime in Deutschland geschlossen ihre Stimme erheben würden.“ Auch der Trierer Bischof Reinhard Marx äußerte die Erwartung, dass sich seine „islamischen Brüder“ deutlicher von Selbstmordattentaten und Märtyrertum lösten. Im Deutschlandfunk warnte er aber davor, Islam und Terrorismus gleichzusetzen.