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Archiv-Artikel

„Brandenburg ist nicht tot“

Morgen wählen die Brandenburger einen neuen Landtag. Die elf schlimmsten Vorurteileüber Brandenburg – Herr Wichmann von der CDU, engagierter Uckermärker, revidiert

1. In Brandenburg gibt es nur Nazis.

Im Wald kann man schon mal ein Kameradschaftstreffen im Grünen abhalten, ohne dass die Polizei etwas davon mitkriegt. Die rechten Schläger sind jedoch eine verschwindend kleine Minderheit.

2. Brandenburg ist die DDR in Miniatur-Format.

Ich wollte das zwar immer nicht so ganz wahrhaben, aber wenn ich mir die Erfolge der PDS so anschaue, dann ist durchaus etwas daran.

3. Brandenburg ist eine Streusandbüchse: Alles bloß Sand.

Für die Landwirtschaft trifft das in weiten Teilen leider zu. Wir haben nicht so gute Bodenverhältnisse wie in anderen Teilen Deutschlands und Europas. Der Standortnachteil wird allerdings durch die Größe unserer Betriebe kompensiert.

4. Die Brandenburger sind notorische Untertanen.

Ein bisschen was ist daran. Man nimmt die Dinge nicht so sehr in die Hand, das hat was mit Preußen zu tun, mit den Nazis, mit der DDR. Wir haben über hundert Jahre Erfahrung mit Regimen und Apparaten, das wirkt sich schon aus.

5. Es gibt keine intelligenten Brandenburger, weil diese alle in Berlin wohnen.

Unsinn. Es gibt viele Brandenburger, die weggehen, aber nicht alle gehen nach Berlin. Es kommen auch viele Leute aus dem Westen zurück in ihre Heimat, etwa die Familie von Arnim, die jetzt wieder in der Uckermark wohnt. Außerdem gibt es Ärzte, Tierärzte, Juristen und Verwaltungsfachleute überall in Brandenburg.

6. Cottbus ist doch Polen.

Cottbus ist ziemlich dicht dran an Polen, ja, und Europa wächst ja zusammen. Aber es ist ja noch die Oder dazwischen, und es gibt kaum Grenzübergänge. Da muss unbedingt etwas passieren. Außerdem brauchen wir unbedingt Polnisch als Pflichtfach in der Schule.

7. Brandenburg ist tot, ein verödeter Landstrich.

Klasse statt Masse. Brandenburg ist dünn besiedelt, aber nicht tot.

8. Auf dem Brandenburger Speisezettel steht Steckrübensuppe, sonst nichts.

Es gibt die Kartoffel, mein Leibgericht. Es gibt Stampfkartoffeln, Bratkartoffeln, Petersilienkartoffeln, Eintöpfe. Die Kartoffel ist eine Sättigungsbeilage, auf die ich nicht verzichten möchte.

9. Brandenburg hat keine Kultur.

Wir haben überall in Brandenburg sehr viel Eigeninitiative in diesem Bereich. Kleine Hoftheater, Organisationen und Vereine, die sich mit Kultur befassen. Man denke an die uckermärkischen Musikwochen. Wir haben unsere Landestheater, es gibt die Kirchenchöre: ich habe selbst in einem gesungen. Da ist schon viel los. Und überhaupt: Rheinsberg!

10. Potsdam ist provinziell und bloß ein Vorort von Berlin.

Potsdam ist toll! Es macht ja gerade den Reiz Potsdams aus, dass es fast kleinstädtische Strukturen aufweist. Geografisch gesehen ist Berlin nun mal von Vororten umzingelt, Potsdam ist einer davon.

11. Brandenburger haben keinen Glamour.

Brauchen wir nicht. Wir leben auf dem Land, Abendkleider werden da nicht so häufig gebraucht. Unsere Kultur findet in Scheunen und Kirchen statt.

PROTOKOLL: MARTIN REICHERT