: „Das prallt von der Hose ab“
Der Präsident der Bremer Landesjägerschaft über Gesetzesverschärfungen wegen des Amoklaufs, „Trophäen-Schauen“, das Problem der Waffen-Vererbung und ungefährdete Spaziergänger
Interview: Henning Bleyl
Die SPD als größte Regierungsfraktion fordert eine Bremer Bundesratsinitiative zur Verschärfung des Waffenrechts. Was sagt die hiesige Landesjägerschaft dazu?
Gerhard Delhougne, Jäger-Präsident: Wir halten das nicht für erforderlich. Das Problem sind ja nicht die legalen, sondern die Schwarzmarkt-Waffen. Und die erreicht man nicht mit Gesetzen.
Aber bislang wurden doch alle Amokläufe mit legalen Waffen durchgeführt!
Dann muss man die bestehenden Gesetze besser überwachen. Die Jägerschaft hat sicher nichts gegen strenge Kontrollen, allerdings ergibt sich ein Problem mit der grundgesetzlich geschützten Unverletzlichkeit der Wohnung. Es müsste schon ein Anfangsverdacht vorliegen, damit ein Kontrolleur kommen darf.
Wäre also ein zentrales Waffen- oder zumindest Munitionslager sinnvoll wie es auch für die Sportschützen diskutiert wird?
Das ist bei der Jagd kaum denkbar. Wenn ich im Sommer morgens um drei Uhr einen Rehbock schießen will, kann ich nicht vorher noch zu einem Lager fahren.
Wie viele Waffen trägt die Jägerschaft zu den aktuell registrierten 21.000 Bremer Privatwaffen bei?
Da fehlt mir der genaue Überblick, aber es gibt im Land Bremen etwa 800 Menschen mit Jagdschein. Ich persönlich habe zwei Flinten für Niederwildjagd und eine Büchse für Schalenwild.
Was kann man im waldlosen Bremen überhaupt jagen?
Hasen beispielsweise wohnen weniger im Wald als im Feld. Es gibt hier auch Fasane, Wasserwild und anderes, im Schalenwildbereich leider nur Rehe. Insgesamt sind es circa 18.000 Hektar bejagbare Fläche. Der Bürgerpark gehört auch dazu.
Bremen hat sogar einen Stadtjägermeister, der laut Aufgabenbeschreibung für das „Abhalten einer Trophäenschau“ zuständig ist. Ist das nicht etwas übertrieben?
„Trophäenschau“ ist kein guter Begriff. Eigentlich geht es um ein Spiegelbild des Tierbestandes und dessen Gesundheit, deswegen ist so eine Trophäen- oder Hegeschau ja gesetzlich vorgeschrieben. Obwohl die Jagd gesellschaftlich umstritten ist, kann niemand ihre Notwendigkeit leugnen, um Wildbestände zu regulieren. Unsere Aufgabe ist die Bewahrung eines artenreichen, der Landeskultur angepassten Wildbestandes. Damit helfen wir auch der Landwirtschaft. In Gegensatz zu den niedersächsischen Jägern dürfen wir aber leider keine Krähen schießen, obwohl die die Silage-Folien der Landwirte zerhacken.
Zurück zu den Waffen: Der größte Teil gelangt durch Vererbung zu den aktuellen Besitzern. Verstärkt das nicht die Gefahr des unsachgemäßen Umgangs beziehungsweise der fehlerhaften Lagerung?
Grundsätzlich kann jeder Waffen erben. In Besitz nehmen darf sie aber nur, wer ein Berechtigter ist, also Jäger oder Sportschütze. Derzeit wird an Schloss-Blockierungen gearbeitet die Waffen so ungefährlich machen, dass jeder Erbe sie unmittelbar in Besitz nehmen kann.
Jagdwaffen können auch in der Hand von Jägern gefährlich sein. Gab es in Bremen bereits Unfälle mit versehentlich angeschossenen Spaziergängern?
Meines Wissens nicht. Schrot verliert schnell seine Energie, das würde Ihnen schon nach hundert Metern von der Hose abprallen. Kugeln wiederum dürfen nur verschossen werden wenn es einen sicheren Kugelfang wie beispielsweise den Erdboden gibt – Jäger schießen also nach Möglichkeit nach unten.
Und bei der Entenjagd an der Wümme?
Das ist wieder mit Schrot, das fällt dann einfach wie Regentropfen wieder herunter.
Unter „Ziele“ findet man auf Ihrer Homepage an erster Stelle den „Schutz der frei lebenden Tierwelt“. Haben Sie in Bremen viele Auseinandersetzungen mit Jagdgegnern, etwa durch Beschädigung der Hochsitze?
Das kommt gelegentlich vor. Der größte Konflikt besteht aber mit Spaziergängern, die ihre Hunde frei laufen lassen und dadurch das Wild aufscheuchen.
Wie ist das Verhältnis zur Konkurrenz, dem Ökologischen Jagdverein Bremen/Niedersachsen?
Zu denen haben wir keinen Kontakt. Aber so weit ich weiß, können die ihre Jahreshauptversammlung in einer Telefonzelle abhalten.
Eine letzte Waffenfrage: Wo lagern Sie Ihre drei Gewehre?
In einem Tresor. Und meine Ehefrau, das ist gesetzlich festgelegt, darf nicht wissen, wo ich den Schlüssel dafür habe.
Hinweis:
GERHARD DELHOUGNE, 69, Rechtsanwalt, ist seit seinem 16. Lebensjahr Jäger und seit 1989 Präsident der Bremer Landesjägerschaft