BUNDESVERFASSUNGSGERICHT URTEILT FÜR KLEINPARTEIEN
: Kein Club der Parlamentsparteien

Chancengleichheit finden alle gut. Deshalb wird das Bundesverfassungsgericht für sein Urteil wohl ganz überwiegend Lob erhalten. Karlsruhe entschied, dass Kleinparteien bei der Parteienfinanzierung nicht gezielt benachteiligt werden dürfen.

Das heißt aber noch lange nicht, dass kleine und große Parteien künftig gleichbehandelt werden. Die großen Parteien bekommen auch in Zukunft viel mehr Geld als die kleinen. Und im Wahlkampf erhalten sie viel mehr Werbespots und Plakatflächen. Damit haben die Großen immer auch gute Chancen, groß zu bleiben. Karlsruhe hat nun lediglich verhindert, dass den Kleinen das wenige, was ihnen zusteht, auch noch beschnitten wird.

Aus der Sicht einer Kleinpartei wie der ÖDP mag das Ganze frustrierend sein. Für den politischen Prozess ist es aber von Nutzen, wenn eine gewisse Beständigkeit gefördert wird. Die hochflexible Stimmungsdemokratie darf durchaus vom Wahlrecht etwas gebremst werden. Schließlich müssen sich die Wähler dann ja auch vier Jahre lang von den gewählten Abgeordneten vertreten lassen.

Entscheidend ist, dass der Club der Parlamentsparteien nicht zum geschlossenen Kartell wird, sondern offen bleibt. Und das scheint in Deutschland gewährleistet, wie der dauerhafte Aufstieg der Grünen beweist – und leider auch die zeitweiligen Erfolge rechtsextremer Parteien.

Dabei sind die Splitterparteien nicht nur Parlamentsparteien im Wartestand, sie haben auch bis dahin eine eigene Funktion. So können sie gesellschaftliche Probleme wie den Tierschutz thematisieren oder bestimmte Bevölkerungsgruppen wie die Alten vertreten. Die Großparteien können sich angesichts dieser Herausforderung überlegen, ob und wie sie diese Anliegen aufnehmen. Die Gründung einer neuen Partei hat damit immer auch plebiszitäre Elemente. Man setzt ein Thema auf die Tagesordnung, sammelt Mitstreiter und hofft, dass die Etablierten reagieren. Besser wäre allerdings, wenn es tatsächlich Volksabstimmungen in Deutschland gäbe. Dies würde Kleinparteien auch nicht überflüssig machen. Es gäbe ihnen eher ein neues sinnvolles Handlungsfeld. CHRISTIAN RATH