fußpflege unter der grasnarbe : Ach, Uwe!
Wie es sich für den Sport gehört, hatte die Veranstaltung schon im Vorfeld für Bewegung gesorgt – in den Amtsstuben. In der AOL-Arena? Das hätte dem leckgeschlagenen Konteradmiral und Hamburger Sport- wie Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) gefallen. Tolles Ambiente! Und dann so viele Kinder wie nur möglich! Das macht sich ja auf Fotos und vor allem angesichts der sonstigen kinderfeindlichen Politik des Senators immer besser. Doch Herr Gott erhob Einspruch. Man müsse doch den festlichen Rahmen wahren. Also wurde er letztens doch im Rathaus verliehen, an Kinder und Trainer, der einst zu dessen 50. initiierte Uwe-Seeler-Gedächtnispreis, und zwar an die Fußball-Jugendabteilungen des USC Paloma und des TSV Wellingsbüttel.
Zwei, so viel verriet Lange denn doch noch in seiner Allgemeinplatz-Laudatio, sozial und im Umfeld recht gegensätzlich positionierte und strukurierte Vereine, die sich – jeder auf seine Art und Weise – um die Nachwuchspflege ihres Sports verdient gemacht hätten. Uns Uwe, Ehrensache, verlieh dann höchstpersönlich und sagte dazu tolle Sätze wie: „Wer Sport treibt, macht keine Dummheiten.“ Ach, Uwe!
So genossen die Jugendleiter der beiden Vereine ihre 15 Sekunden im Blitzlichtgewitter der großen Bühne, bevor sie wieder in die Dunkelkammer der Basisarbeit hinabstiegen. Wo überall immer wieder wundersam entschwundene Trainingsbälle (nicht mehr) warten. Oder Trainer, die in der winzigen Gerätehütte nach der Devise „nach mir die Sintflut“ handeln und schon die Kleinsten unsinnig ohne Ball laufen lassen.
Beliebt ist nach wie vor auch die Strafrunde für aufsässige Kids, die sich nur gegen eine langweilige Übungsstunde stemmen. Jeder Jugendleiter ist ja heute froh über (fast) jeden Trainer, der nichts Besseres zu tun hat, als für ein paar Euro „Aufwandsentschädigung“ wöchentlich mindestens fünf Stunden seiner Freizeit zu investieren – um sich dann von hyperehrgeizigen Eltern anscheißen zu lassen, man sollte mit ihren achtjährigen Jungs doch gefälligst mal „Standardsituationen“ trainieren. Das machen die in der Bundesliga doch auch. Gibt es eigentlich Standardsituationen im Kopf? Oder doch nur das Brett davor?
Spaß machen den Aktiven vor Ort auch erhöhte Verbandsstrafen für diverse Pass-, Melde- oder Spielverlegungsvergehen. Wer die 60 Seiten „Durchführungsbestimmungen und Arbeitshilfen zum Juniorenspielbetrieb“ ohne Jura-Kenntnisse studiert hat, ahnt: Da kann selbst ohne unlautere Absicht schnell mal was zusammenkommen.
Die 2.500 Euro, die der Senat da pro Verein im Namen von Uns Uwe raustut, sind da schon gut zu gebrauchen, auch wenn die Summe lächerlich erscheint, verglichen mit den Beträgen, die für Spielertransfers selbst noch auf Verbandsliganiveau (5. Klasse) weitergereicht werden. Da macht so manch alternder Amateur-Regisseur noch mal einen schnellen Euro nebenbei, derweil aufstrebende A-Jugendliche im Verein in der zweiten Reihe versauern, bevor sie ihn dann doch verlassen.
Was sagt Uns Uwe dazu, bevor er vor lauter Autogrammschreiben kaum dazu kam, seine wohlverdiente Bulette zu essen? Klar: „Üben, üben, üben.“ Noch so eine Seeler-Binse der 60er für den Kinder- und Jugendfußball der Jahrtausendwende, einfach zeitlos banal. Und was sagt Marcel, mein zehnjähriger Kapitän, als wir den Ort des Geschehens verlassen? „Voll der Luxus hier.“ Da dürfen schon mal ein paar Brocken abfallen. Gut, dass er Uwe nicht erzählt hat, dass wir gerade 8:1 gegen eine Abordnung seines HSV gewonnen hatten. In nur zehn rauschenden Hallen-Minuten. Sonst hätte der den Preis wohl gleich wieder mitgenommen.
Hinweis: Jörg Feyer trainiert den Jahrgang 1993 (ältere E-Jugend) des USC Paloma und ist dabei bemüht, seinen taktischen Ehrgeiz (noch) zu zügeln.