Erst denken, dann drücken

Nach wie vor nähern sich Frauen Computern anders als Männer. Seit 20 Jahren bietet ihnen das Frauen Computer Zentrum Unterstützung. Ein Selbstlernzentrum ist ganz neu im Angebot

VON FRIEDERIKE WYRWICH

Am Anfang war ein Stipendium, sagt Renate Wielpütz, Geschäftsführerin des Frauen Computer Zentrums Berlin (FCZB), das in diesen Tagen seinen 20. Geburtstag feiert. Anfang der 80er-Jahre fuhr eine Gründerin des späteren FCZB für zwei Monate in die USA und sah sich an der Universität Berkeley ein Forschungsprojekt an, das Mädchen und junge Frauen für Mathematik und Naturwissenschaften begeistern wollte. Sie habe dort zum ersten Mal gesehen, dass es positive Auswirkungen haben kann, wenn Mädchen und Frauen nicht koedukativ unterrichtet werden, erzählt die 53-Jährige. Aus dieser Idee sei 1984 das FCZB entstanden.

„1984 gab es in der Frauenbewegung große Befürchtungen, weil überall Computer in den Büros auftauchten. Es herrschte die Stimmung: Diese Geräte sind des Teufels, damit wollen wir nichts zu tun haben.“ Tatsächlich war die Gefahr, dass gerade Frauen in niedrig qualifizierten Büroberufen ihre Jobs durch Rationalisierungen verlieren würden, groß. Die Gründerinnen des FCZB aber dachten sich: „Wenn Frauen solche Vorurteile haben, dann sind die Auswirkungen für sie demnächst garantiert schlimm“ – und begannen zu handeln.

„Unser erstes Programm war für Berufseinsteigerinnen gedacht“, erzählt die Projektleiterin Cornelia Carstens. „Es hieß: ‚Keine Angst vor Computern‘, und das gibt es heute noch.“ Mit Unterschieden versteht sich, denn die Akzeptanz von Frauen gegenüber Computern ist heute selbstverständlich gestiegen. Sie gehen aber immer noch anders als Männer an Rechner heran: „Frauen fragen sehr viel mehr nach den Folgen ihrer Handlungen. Sie überlegen, bevor sie eine Taste drücken.“ Männer würden es häufig umgekehrt machen: Erst mal drauf drücken und danach sehen, was passiert.

Doch Frauen lernen nicht nur anders als Männer, sie lernen auch anders als gestern. Zu seinem 20. Geburtstag hat das FCZB ein Selbstlernzentrum eröffnet, in dem Frauen sich ihre Kenntnisse individuell erarbeiten können. „Von Arbeitnehmerinnen wird heute erwartet, dass sie sich Informationen viel schneller und vor allem selbstständiger aneignen“, sagt Renate Wielpütz. Lange dauernde Fortbildungen würden heute kaum noch finanziert, weder vom Arbeitsamt noch von Unternehmen. „Außerdem haben die Frauen, die zu uns kommen, sehr unterschiedliche Kenntnisse, was Computer betrifft. Auch innerhalb bestimmter Zielgruppen, wie Migrantinnen oder Lehrerinnen.“ Durch selbst organisiertes Lernen erhalten sie die Gelegenheit, ihre Lücken gezielt aufzufüllen und schneller voranzukommen.

Doch Selbstlernen hat auch seine Tücken: „Niemand soll beim Lernen allein gelassen werden“, sagt Cornelia Carstens, die das neue Zentrum leitet. „Wir unterstützen es zum Beispiel, dass Frauen sich in Lerngruppen zusammenfinden – dafür haben wir auch den Aufenthaltsraum extra groß belassen.“ Zudem sollen alle Frauen zunächst eine Einführungsveranstaltung besuchen und die Lernberatung nutzen. Denn erste Erfahrungen zeigten, dass sich Teilnehmerinnen am Anfang zu viel aufbürdeten, Zeiten für Übungen und das Sich-setzen-Lassen von Informationen nicht berücksichtigten.

Jede Frau, die ins Selbstlernzentrum kommt, kann entscheiden, ob sie die Lerninhalte zunächst in so genannten Modulen mit anderen Frauen lernen und dann alleine üben möchte – oder ob sie sich gleich an den Computer setzen will und mit Hilfe von Büchern, Scripten und CD-ROMs alles selbst erarbeiten möchte. Eine Trainerin steht ihr in beiden Fällen zur Verfügung.

Katja Klein, die als Systemadministratorin in Architekturbüros gearbeitet hat und gerade einen neuen Job sucht, lernt das Programm Access kennen, mit dem sie beispielsweise elektronische Karteikarten erstellen kann. „Ich finde es sehr angenehm, hier mal nur mit Frauen zusammen zu sein“, gibt sie zu. Gerade weil sie in der Vergangenheit im IT-Bereich sehr viel mit Männern zu tun hatte. „Männer halten ständig Informationen zurück, damit man ja nicht ohne sie zurecht kommt“, stöhnt sie. „Da hat man immer das Gefühl: Oh Gott, muss ich blöd sein, dass ich das nicht weiß.“

Anmeldung im Selbstlernzentrums des FCZB: Mo bis Fr 9–13 Uhr; Mo, Mi, Do auch 14–17 Uhr, Cuvrystr.1, Kreuzberg, Tel.: 61 79 70 16, www.fczb.de