: „Das Eis ist geschmolzen“
Der HSV gewinnt jetzt sogar wieder auswärts. Beim 1:0 in Köln machte Sergej Barbarez den großen Unterschied aus
Köln taz ■ Klaus Toppmöller ist ein umgänglicher Mensch. In Bochum und in Leverkusen war er nicht zuletzt deshalb sehr beliebt bei den Leuten, mit denen er zusammengearbeitet hat. Spätestens nach dem 1:0-Sieg des Hamburger SV beim 1. FC Köln harmoniert Toppmöller auch mit seinen Mitarbeitern in Hamburg. „Wir waren lange im Trainingslager, die Jungs sehen jetzt, dass ich mit Herzblut dabei bin, das Eis ist geschmolzen“, verkündete der Trainer, und da Toppmöller meist die Wahrheit über solcherlei Befindlichkeiten spricht, mag man ihm glauben.
Dass langsam die Philosophie des ehemaligen Stürmers im Spiel der Hamburger sichtbar wird, ist ein weiteres Indiz für die wachsende Freude an der Zusammenarbeit der Spieler mit dem neuen Chef. „Wir versuchen jetzt, Fußball zu spielen, kommen nicht mehr nur über lange Bälle nach vorne“, meinte Tomas Ujfalusi und ergänzte: „Fußball spielt man lieber mit dem Ball und nicht nur nach dem Motto: Laufen, Laufen, Laufen.“
Das klingt nach neuen kritischen Untertönen gegen Kurt Jara. Den alten Vorwurf der mangelnden Fitness entkräftete Toppmöller unterdessen während der Tage im Rheinland. Es sei doch klar, „wenn der Präsident sagt, ‚die paar Milliönchen wollen wir aber noch mitnehmen aus dem Ligapokal‘, dann bereite ich mich im Sommer eben anders vor als Bayern München oder Borussia Dortmund“. So ganz schlecht kann es ohnehin nicht bestellt sein um die körperliche Verfassung, denn Ujfalusi hatte nach 70 Minuten bemerkt, „dass die Kölner nicht mehr mitlaufen können“, und kritisierte, dass man das besser hätte ausnützen müssen.
Dabei hatte der HSV diesen Vorteil sehr geschickt umgesetzt, zwar nicht in Tore, aber in eine Spielweise, die sowohl dem Kölner Publikum als auch den gegnerischen Spielern ernüchternd ihre Unterlegenheit vor Augen führte. Gerade als zu erwarten war, dass eine Schlussoffensive des Tabellenletzten einsetzt, ließen die Hamburger den Ball zirkulieren, hatten 20 bis 30 Ballkontakte, ohne dass einer der hilflosen Kölner das Spielobjekt berühren durfte, und demonstrierten jenen Spielansatz, den sich Toppmöller vorstellt. In den 75 Minuten zuvor stand die Defensive gut, offensiv hingegen hatten beide Mannschaften kaum etwas zu bieten.
Den Unterschied machte daher Sergej Barbarez, der nicht nur den Siegtreffer erzielte (41.). Barbarez trat als echter Führungsspieler auf, ging engagiert in die Zweikämpfe, trieb seine Mitspieler an und war oft anspielbar. Der Trainer erklärte diese Leistungssteigerung mit einer persönlichen Ansprache an den Bosnier vor dem Team. „Dort habe ich ihm klar gemacht, dass die Mannschaft mit ihm steht und fällt. Er entscheidet mit, ob wir nach oben oder nach unten gehen“, so Toppmöller. Die auferlegte Verantwortung tut Barbarez offenbar gut, und nach dem zweiten Sieg in Folge und dem ersten Saisonspiel ohne Gegentor, „glauben wir jetzt alle, dass wir in der Tabelle weiter nach vorne kommen“, sagte Ujfalusi, während sein Trainer meint, dass „dieser erste Auswärtssieg nach fast einem Jahr Kräfte für die nächsten Spiele freimacht.“ Es folgen Partien gegen Bremen und in Stuttgart – Fußball wie Toppmöller ihn liebt. Er beginnt sich richtig wohl zu fühlen in der neuen Heimat. Daniel Theweleit