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Archiv-Artikel

Digitaler Polizeifunk pünktlich zur WM 2010

Funkloch bis zum Ende des Jahrzehnts: Wegen politischer Streitigkeiten verschiebt sich der Start des neuen Polizeifunks

DÜSSELDORF taz ■ Die Polizisten in NRW müssen auf ihre neuen Funkgeräte wohl noch bis zur übernächsten Fußball-Weltmeisterschaft warten. Bis zur WM 2010 in Südafrika. Eigentlich sollten die Ordnungshüter schon zur WM 2006 im eigenen Land mit moderner Technik ausgestattet werden. „Wir rechnen nicht damit, dass der digitale Polizeifunk bis 2006 kommt“, so ein Sprecher des NRW-Innenministeriums.

Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und seine Länderkollegen streiten bereits seit Jahren, wer die bis zu drei Milliarden Euro teure bundesweite Umstellung vom veralteten analogen auf den digitalen Polizeifunk bezahlen soll. Am Freitag beraten die Innenminister der Länder erneut über das Dauerthema. Streitpunkt ist neben der Kostenverteilung vor allem die Frage, wie flächendeckend und anspruchsvoll das neue Digitalsystem ausgestattet sein soll. Ein Durchbruch wird auch am Freitag nicht erwartet. Dabei sollten pünktlich zur WM 2006 alle Sicherheitskräfte mit abhörsicheren Digitalgeräten ausgestattet sein. NRW mit den WM-Spielorten Dortmund, Gelsenkirchen und Köln ist einer der wichtigsten Standorte des größten Sportereignisses der Welt. Noch Ende 2003 hatte NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) gesagt, es gebe „eine gute Chance, dass die Polizei die neue Technik spätestens zur Fußball-WM bekommt“.

„NRW muß es notfalls im Alleingang machen“, fordert Horst Engel, innenpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. Die Terrorgefahr mache es erforderlich, dass die Polizei 2006 gut ausgerüstet sei. „Mit den Briketts machen wir hier weiter Albanienfunk“, spielt Engel auf die klobigen Altgeräte an. Albanien ist neben der Bundesrepublik das einzige Land in Europa, das noch analoge Funkgeräte benutzt.

Auch CDU-Innenpolitiker Theo Kruse fordert Behrens zum Handeln auf. „Der Minister hatte zugesagt, dass die neue Technik kommt“, so Kruse. Doch geschehen sei nichts. Ulrich Rungwerth, Sprecher des NRW-Innenministeriums, lehnt einen Alleingang ab: „Das macht keinen Sinn.“ Bei Großeinsätzen bringe es nichts, wenn die Bundesländer uneinheitliche Funktechnik verwendeten.

Zwei große Firmen drängeln sich um den digitalen Großauftrag. Allein in NRW wird das Auftragsvolumen auf bis zu eine Milliarde Euro geschätzt. Das Unternehmen Motorola präsentiert sich im Internet als „Partner der Sicherheitsbehörden“ und wirbt für seine Funktechnologie TETRA (TErrestrial Trunked RAdio). Konkurrent Vodafone ist ebenso selbstbewusst: „Mit dem Ausbau des GSM-Netzes bietet Vodafone D2 eine Lösung, die den geforderten Sicherheitsbedürfnissen gerecht wird.“ Auch beim Thema Kosten setzt das Unternehmen auf aggressives Marketing im Netz: Mit rund 2,3 Milliarden Euro liege das Vodafone-Konzept für den digitalen Behördenfunk „weit unter den Angeboten anderer Anbieter“. MARTIN TEIGELER