: Überlebenskampf im Spaßbad
Der Tabellenvorletzte SC Rote Ede Hamm schlägt in neuer Halle Aufsteiger SC Neustadt in der Wasserball-Bundesliga. Die alte Traglufthalle wird als Rumänienhilfe nach Bukarest gekarrt
VON DIRK DÖRMANN
Endlich mal ein glückliches Wochenende für die Wasserballer des SC Rote Erde Hamm und deren Jünger. Erst bekommen sie mit dem 31 Millionen Euro teuren Maximare eine so genannte Erlebnistherme als neue Spielstätte geschenkt und prompt hagelt es den ersten Sieg im fünften Spiel der laufenden Saison. Dass dieser ausgerechnet gegen den ebenfalls noch punktlosen Tabellenletzten im Abstiegs-Spitzenkampf eingefahren wurde, machte Hamms Coach Illie Slavei zufriedener als er ohnehin schon war. „Hier herrscht eine tolle Atmosphäre, außerdem können die Spieler nun meine Anweisungen viel besser verstehen. Akustik und die Luft sind besser.“ Der Umzug habe sich voll gelohnt, wollte der Trainer alles schönreden.
Und das, obwohl bereits in der Woche zuvor erste Missverständnisse im regelmäßigen Trainingsbetrieb aufgetreten waren. Die zum Teil aus Hagen, Köln und Münster kommenden Spieler durften nicht ins Sportbad, da dieses wegen Vermessungsarbeiten gesperrt werden musste. Da mussten sie dann die Heimreise ohne Training antreten. Dafür erhielten sie eine zusätzliche Übungsstunde am Freitag und das Verhältnis zwischen Wasserballern und Betreibern des Bades normalisierte sich wieder.
Auch für die knapp 150 Zuschauer bringt der neue Spaß im Funbad eine Umstellung. Statt wie bisher in der alten Traglufthalle nach dem Bezahlen mit ihren dreckigen Straßenschuhen die Plätze aufzusuchen, werden hier im Foyer Überzieher verteilt, damit das erst im November eröffnete Hochglanz-Bad nicht beschmutzt wird. Doch die Anhänger nehmen dieses Ungemach gerne in Kauf. Schließlich soll das neue Bad möglichst lange Vorzeigeobjekt der Hammer Bäderkultur bleiben.
Das Spiel selbst begann für den elfmaligen Deutschen Meister trotz des 6:21 Debakels im letzten Match beim Serienmeister Spandau sehr erfolgreich. Nach dem ersten Viertel führten sie bereits mit 3:1 und schienen ihre Kontrahenten zu beherrschen. Doch die jüngste Mannschaft in der Liga zeigte Nerven und verlor die beiden folgenden Abschnitte mit 2:3 und 4:5. Viele Ballverluste und unkonzentrierte Torwürfe verhinderten ein besseres Resultat. Somit ging es mit 9:9 in die entscheidenden letzten neun Minuten. Hier dominierten die Jungs des Traditionsclubs und gewannen am Ende doch deutlich mit 15:12. Herausragender Torschütze war Sergei Fesenkow, der fünf Treffer erzielte.
Das Publikum blieb allerdings das ganze Spiel über seltsam zurückhaltend. Vielleicht waren sie aber auch zu beeindruckt von der Hochglanzatmosphäre, die im neuen 50 Meter Sportbecken herrscht. Oder sie träumten von glorreichen Kämpfen um den Titel in der alten Traglufthalle. Fast dreißig Jahre ermöglichte sie den Schwimmbetrieb im Hammer Osten. In den letzten Jahren wurde sie aus Kostengründen nicht mehr abgebaut. Die Spiele im Sommer glichen eher einem Besuch in der Sauna – auch eine Methode den Gegner müde zu spielen. Mit dem neuen Spaß im Maximare kam jetzt das Ende der so genannten und so aussehenden „Pelle“.
Doch wohin damit? Da traf es sich gut, dass zum rumänischen Schwimmverband freundschaftliche Beziehungen gepflegt werden. Und dieser sagte auch nicht nein, als ihm die Traglufthalle als Geschenk angeboten wurde. Mit acht Mann erschienen sie in der vergangenen Woche, um die Halle abzubauen und transportsicher zu verpacken.
Koordiniert wird das Abbaukommando von Dino Nicolau, einem ehemaligen Spieler des SC Rote Erde in den 80er Jahren. Bis Ende dieser Woche sollen dann sämtliche Schrauben und Muttern inklusive Gebläse sowie Chlor- und Filteranlage vom Gelände des alten Jahnbades verschwinden. Sie werden dann in drei Sattelzügen nach Bukarest rollen, um dort im Frühjahr wieder aufgebaut zu werden. Das einzigartige Flair der Halle ist jetzt Geschichte. Wenn der Serienmeister aus Spandau anrollte, dann mutierten auch die Fans zu südländischen Fanatikern. Dann wurde Wasserball der Spitzenklasse zelebriert. Vergessen, vorüber, vorbei.
Aber es gibt Hoffnung. Für Wasserball-Junkies und Freunde des Maximare richtet der ehemalige Rekordmeister in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Schwimmverband vom 9. bis 11. Januar 2004 in Hamm ein Viernationenturnier aus. Bei Teilnehmern wie Weltpokalsieger Russland und Vize-Europameister Kroatien kann angesichts dieser Spielkunst tatsächlich von alten Zeiten geträumt werden.