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Archiv-Artikel

Der Medienexperte und die Popkultur

Der Liberale Stefan Grüll ahnt Geheimdeals zwischen Viva und der Industrie. Ein Telefonat später weiß er nichts mehr

DÜSSELDORF taz ■ Er ahnte Schlimmes. Die gesamte Musikbranche wähnte FDP-Mann Stefan Grüll in Gefahr, als er im „Spiegel“ von einem geheimen Deal zwischen dem Kölner Musiksender VIVA und der Plattenfirma Universal las. Der Inhalt: Angeblich nimmt VIVA Videos der Universal-Newcomer bevorzugt in sein Programm auf – gegen Zahlung einer attraktiven Summe Geld, versteht sich.

Grüll, gelber Medienbeauftragter und Mitglied in der Landesmedienkommission, schlug sofort Alarm: „Allen muss klar sein, dass es sich bei diesen Vorwürfen nicht um eine Bagatelle handelt, die mit Augenzwinkern oder einer gelben Karte geahndet werden könnte“, ließ er wissen. Außerdem forderte er VIVA-Chef Dieter Gorny dazu auf, „uneingeschränkt die Vorgänge um seinen Sender aufzuklären“.

Gorny meldete sich daraufhin auf dem Handy des Landtagsabgeordneten, der ein solches Telefonat gegenüber der taz einräumt, sich zum Inhalt aber lieber nicht äußern will – das sei nicht sein Stil. Grüll, der anfangs vehement die Öffentlichkeit gesucht hatte, ruderte plötzlich zurück: Er wolle erst die Sitzung der Landesmedienkommision am Freitag abwarten, sich erst nach „fachlich-sachlicher“ Beratung weiter äußern. „Dann liegen mir die nötigen Unterlagen vor.“

Es wurde Freitag, die Kommission tagte. VIVA und Universal hatten öffentlich ihre Unschuld beteuert, und wenig später jagte Grüll die nächste Mitteilung raus: Der Anfangsverdacht habe sich nicht erhärtet, war dort zu lesen, aber es sei „im Interesse der Sender sowie der Musikindustrie nötig“, das jeweilige Fernsehprogramm kontinuierlich zu beobachten.

Ob Gorny Grüll diese Methode nahegelegt hatte? Das will der Liberale nicht beantworten. Wie gesagt: Nicht sein Stil. VIVA habe sich erklärt, sagt er bloß, und dass er Unterlagen eingesehen habe. Deshalb: „Medienrechtlich im Moment nicht bedenklich.“ Zu tun hat Grüll jetzt eine Menge: VIVA beobachten.

BORIS R. ROSENKRANZ