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Archiv-Artikel

Brückenfans verrechnen sich

FEHMARNBELT Experten äußern im Bundestag massive Zweifel an Wirtschaftlichkeit einer Querung über die Ostsee. Bundesrechnungshof hält das Projekt für nicht refinanzierbar

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Rainder Steenblock ist ungebrochen skeptisch: „Der Fehmarnbelt droht zum Milliardengrab zu werden“, folgerte der grüne Bundestagsabgeordnete aus Schleswig-Holstein am Mittwoch nach der Expertenanhörung vor dem Verkehrsausschuss des Bundestages. Eine Entscheidung des Parlaments sollte in die nächste Legislaturperiode verschoben werden, weil „die Gemengelage aus ökologischen und ökonomischen Risiken nach wie vor unübersichtlich“ sei, sagt er.

Bei der Anhörung wurden gestern die unterschiedlichen Standpunkte erneut deutlich. Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Jörn Biel (parteilos) sprach von einem „Schlüsselprojekt“. Auch der Präses der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck, Bernd Jorkisch, erwartet von einer festen Querung positive wirtschaftliche Effekte für ganz Nordeuropa. Es sei aber erforderlich, parallel zum Bau der Querung die Eisenbahnstrecke beiderseits des Belt möglichst auf mehr als die geplanten 160 Stundenkilometer zu erhöhen. Auch sollte die Bahnstrecke unbedingt langfristig zweigleisig ausgebaut werden.

Peter Lundhus, Geschäftsführer der staatlichen dänischen Realisierungsgesellschaft Femern Bælt A / S, sicherte zu, dass in den nächsten Jahren umfangreiche Untersuchungen zu Fragen von Umweltauswirkungen und Schiffsicherheit durchgeführt werden. Auf deren Grundlage könne dann eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt werden, die Basis für die Genehmigung des endgültigen Projektes ist.

Allein dadurch rückt der für 2012 anvisierte Baubeginn in weitere Ferne, eine Fertigstellung vor 2020 erscheint somit unrealistisch. Eine Brücke ist die bevorzugte Lösung, während ein Absenktunnel die bevorzugte Alternative darstellt. Beide Möglichkeiten werden gleichwertig geprüft.

Für den Gutachter Karlheinz Rösler vom Münchener Verkehrsberatungsbüro Vieregg-Rößler ist eine feste Fehmarnbeltquerung wirtschaftlich unnötig. Er monierte unter anderem veraltete wirtschaftliche Rahmendaten. In Frage komme allenfalls eine Querung mit zweispuriger Straße und einem Bahngleis.

Vehement sprach sich Malte Siegert vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) gegen das Projekt aus. Die ökologischen Folgen seien unabsehbar, der volkswirtschaftliche Nutzen negativ und die geplante Finanzierung fragwürdig, sagte der Leiter des Nabu-Wasservogelreservats Wallnau auf der Insel Fehmarn.

Diese Kritik teilt der Bundesrechnungshof. Er rügt in seiner Stellungnahme, dass bisher keine Kosten nachvollziehbar exakt beziffert wurden. Ein erhoffter Zuschuss der EU stehe zudem „auf der Kippe“. Zudem habe das Bundesverkehrsministerium selbst eingeräumt, dass für Großprojekte Preissteigerungen von 60 bis 100 Prozent nichts Ungewöhnliches seien. Für die vor Jahren mit 4,4 Milliarden Euro veranschlagte Fehmarnbelt-Brücke würde das eine Kostenspanne von 6,8 bis 8,8 Milliarden Euro bedeuten. Auch wegen „zu optimistischer Verkehrsprognosen“ werde sich das Projekt nach Ansicht des Rechnungshofes „nicht refinanzieren“.

Bislang ist geplant, dass der Bundestag Anfang Juni über den Brückenschlag über die Ostsee debattiert. Die Zustimmung der großen Koalition gilt bislang als gesichert.