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Nach einer Reportageserie des „Kölner Stadt-Anzeiger“ waren viele Einwohner von Porz-Finkenberg verärgert über die Darstellung ihres Veedels. An diesem Samstag stellt sich der Autor Fragen zur medialen Verarbeitung sozialer Probleme
Köln taz ■ Tim Stinauer machte sie bekannt, die „harten Kinder von Köln“. Seit seiner gleichnamigen Artikelserie im Kölner Stadt-Anzeiger vom letzten Herbst sind die herumlungernden Jugendlichen aus Porz-Finkenberg in aller Munde. Die Berichte über Folterkeller, Bandenkriege und verschreckte Nachbarn setzten in Finkenberg eine Diskussion in Gang – über die Zustände im Viertel und wie man der Probleme Herr werden kann, aber auch über die mediale Inszenierung des Themas. So empfanden offenbar viele Finkenberger die Darstellung als übertrieben und sahen ihr Viertel zu unrecht in ein schlechtes Licht gerückt. Darüber sowie über die Hintergründe seiner Recherche wird Autor Tim Stinauer an diesem Samstag im Bürgerfunk bei Radio Köln (107,1 MHz) befragt.
Kritik an der Artikelserie hatte es auch bei einer Podiumsdiskussion im Dezember im Porzer Rathaussaal gegeben. Rund 400 Zuhörer waren der Einladung des Kölner Stadt-Anzeiger gefolgt, um sich den Fragen der Bürger zu stellen. Nach Auffassung des Chefredakteurs, Franz Sommerfeld, habe die Zeitung mit den Reportagen aus Porz „einen Stein ins Rollen gebracht“. Dagegen schimpfte ein Hauseigentümer bei der Diskussion: „Allerletzter Lumpenjournalismus wurde hier betrieben.“
Deutlich differenzierter klingt die Sicht des Porzer Streetworkers Franco Clemens. Er arbeitet seit zweieinhalb Jahren in Finkenberg mit Kindern und Jugendlichen, seit Anfang dieses Jahres als „Straßenarbeiter“. Im Gespräch mit der taz bedauert Clemens, dass bei der Podiumsdiskussion keiner der ausländischen Jugendlichen zugegen war, um die es in der Artikelserie ging. „Der Stadt-Anzeiger konnte überwiegend ältere Zuhörer für sich gewinnen, die Sorge um ihr Grundstück hatten und die natürlich auch die Situation schön reden. Die Wahrheit liegt jedoch dazwischen.“ Clemens sieht die „spürbare kriminelle Energie“ der Jugendlichen vor allem als soziales Problem mangelnder Bildungs- und Arbeitsperspektiven, das man „mit ausreichenden Förder- und Beschäftigungsprogrammen in den Griff bekommen“ könne.
Liona Selina Gashi
„Die harten Kinder von Köln“, Samstag, 8.1, 18.04 Uhr bis 18.55 Uhr im Gewerkschaftlichen Bürgerfunk, zu empfangen auf 107,1 MHz (Radio Köln). Moderation Franco Clemens, Gast Tim Stinauer