: Unterschrift mit Folgen
ARBEITSRECHT Aufhebungsverträge ermöglichen eine schnelle, unkomplizierte Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sie können aber auch zur Übervorteilung führen
VON TILMAN VON ROHDEN
Die meisten kennen diese Situation vom Hörensagen, einige wenige aus eigenem Erleben: Morgens kommt der Arbeitnehmer ins Büro, um dann wenig später zum Chef zitiert zu werden. Dieser redet nicht lange um den heißen Brei herum: Der Betrieb sei in Schwierigkeiten. Wenn der Arbeitnehmer hier und jetzt einen Vertag zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses unterschreibe, bekomme er als Belohnung für die Kooperation eine satte Abfindung. Die letzten Worte raunt der Chef bedeutungsvoll. Nach einer dramatischen Kunstpause nennt er dann eine in der Tat äußerst nette Summe.
Bei Arbeitnehmern setzt sich in solchen Augenblicken das Gedankenkarussell in Bewegung: ein denkbarer Arbeitsgerichtsprozess mit gutem Erfolg gegen das schnelle Geld, der Spatz in der Hand gegen die Taube auf dem Dach. Viel Zeit zum Überlegen bleibt oft nicht, das ist meist der fragwürdige Bestandteil des angebotenen Deals. Wer jetzt unterschreibt, sichert sich unter Umständen ein letztes Mal Geld vom Arbeitgeber. Doch zugleich könnte es sein, dass man seine nicht mehr zu korrigierende Entscheidung wenige Stunden oder Tage später bitter bereuen wird.
Aufhebungsverträge kommen im Arbeitsleben häufiger vor als erwartet. Sie ermöglichen die unkomplizierte und schnelle Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, das macht sie attraktiv. Dies muss nicht, kann aber auch zur Übervorteilung führen. Günstig wäre ein solcher Aufhebungsvertrag zum Beispiel für Arbeitnehmer, die eine neue Arbeitsstelle möglichst schnell antreten möchten. Hat der Arbeitgeber einen guten Ersatz zur Hand, sollte er keinen Grund haben, dem Wunsch nach Vertragsbeendigung ohne die Einhaltung der mehrmonatigen Kündigungsfrist nicht zuzustimmen.
Für den Arbeitgeber könnte sich ein Aufhebungsvertrag indes lohnen, weil er dann keine Sozialauswahl oder Anhörung des Betriebsrats durchführen müsste. Aufgesetzt ist solch ein Vertrag schnell, denn es gibt nur wenige Dinge zu beachten. Die Vertragsinhalte können frei vereinbart werden, einzuhaltende Fristen gibt es nicht. Einzig festgelegt ist, dass der ausformulierte Vertrag von beiden Parteien unterschrieben werden muss.
Eine Unterschrift ist schnell geleistet, bedenkenswert sind aber vor allem die sozialrechtlichen Folgen. Denn ohne finanzielle Folgen bleibt der Aufhebungsvertrag nur, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat. Was ein wichtiger Grund ist, darüber lässt sich natürlich trefflich streiten. Die Folge: Nicht selten bewertet die Agentur für Arbeit einen Aufhebungsvertrag wie die Kündigung durch einen Arbeitnehmer.
Und in diesem Fall droht dann eine mehrmonatige Sperrfrist. Der Arbeitnehmer erhält in dieser Zeit kein Arbeitslosengeld. „Der Gesetzgeber hat schon auf diese für Arbeitnehmer nachteilige Praxis reagiert. Leider hat sich dies noch nicht in den Dienstanweisungen für die Mitarbeiter der Agentur für Arbeit angemessen niedergeschlagen“, sagt Michael Schinagl, ein Berliner Fachanwalt für Arbeitsrecht. Bemerkenswert sei, dass die Entscheidungen der Arbeitsagenturen bei vergleichbaren Fällen je nach Ort unterschiedlich ausfallen würden. Schinagl rät, schon vor der Unterzeichnung mit der örtlichen Arbeitsagentur Kontakt aufzunehmen, um eine rechtliche Einschätzung zu bekommen.
Eine Sperrfrist ist dagegen unzulässig, wenn der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag inklusive Abfindung abgeschlossen hat, weil andernfalls eine rechtmäßige betriebsbedingte Kündigung erfolgt wäre. „Dies ist jedoch oft schwer zu beweisen“, wendet Schinagl ein. Es sei deshalb immer eine Alternative, eine vom Arbeitgeber gewünschte Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zu verweigern und es auf einen Gerichtsprozess ankommen zu lassen. Hier seien die Arbeitgeber dann in der Beweispflicht.
Auch der DGB-Rechtsschutz betont die möglichen Nachteile in einem durch den Arbeitgeber initiierten Aufhebungsvertrag. „Die Drucksituation ist für Arbeitnehmer oft sehr hoch“, sagt DGB-Mitarbeiter Manfred Fraunhofer. Für einen Kündigungsprozess spreche auch, dass dieser vor einem Arbeitsgericht stattfinde. Ein Gerichtsstreit mit der Arbeitsagentur wegen ausstehender Zahlungen von Arbeitslosengeld lande jedoch vor dem Sozialgericht. Dort würden die Wartezeiten rund ein Jahr betragen.