irak-wahlen
: Erfolgreiche Zementierung

Die irakischen Wahlen, behaupten manche, waren die wohl letzte Chance, das Ruder im Land herumzureißen. Die letzte Chance, damit das Politische über das Militärische siegt. Die einen, allen voran Washington, spielen diese Wahlen als Meilenstein der Demokratisierung einer ganzen Region hoch. Die anderen setzen alles daran, die Wahlen einmal mehr als Beweis für das endgültige Scheitern der Amerikaner darzustellen. Tatsache ist: Beides stimmt. Die Wähler, die in den Wahllokalen vom „glücklichsten Tag in ihrem Leben“ sprachen, sind genauso real wie jene, die den Urnen fernblieben, weil in ihren Augen Wahlen unter einer Besatzung keine Legitimität schaffen. Auch wenn Letztere wohl die Minderheit sind.

KOMMENTAR VON KARIM EL-GAWHARY

Diese Wahlen haben eine bereits verfahrene Situation weiter zementiert. Vereinfacht lautet die Gleichung: Schiiten und Kurden haben ihre historische Chance wahrgenommen, sich per Stimmzettel erstmals als dominante politische Gruppen im Irak zu etablieren. Die Sunniten, die etwa 20 Prozent der Stimmberechtigten ausmachen, wollten sich dagegen nicht an der Wahl beteiligen, die am Ende mit oder ohne ihre Beteiligung ihren Machtverlust dokumentieren würde.

Diese gefährliche Polarisierung wird nun auch mit der Bewertung des irakischen Volksvotums in den kommenden Tagen weitergehen. Natürlich werden sich die einen endlich legitimiert fühlen, während die anderen ihnen wegen der eigenen Nichtbeteiligung diese Legitimität absprechen werden. Ob die Wahlen den politischen Prozess im Land tatsächlich einen Schritt voranbringen, wird aber am Ende davon abhängen, ob die schiitischen und kurdischen Gewinner die sunnitischen Verweigerer in den neuen Regierungsinstitutionen an Bord nehmen werden. Und natürlich davon, ob diese auch integrationswillig sind.

Wie immer es ausgehen wird: Es bleibt eine Ironie der Geschichte, dass Araber unter einer Besatzung – sei es in den besetzten palästinensischen Gebieten oder im Irak – frei wählen können, während die arabischen Regime ihnen diese Freiheit vorenthalten. Der Westen, der den Demokratisierungsprozess von der Seitenlinie anfeuert, muss jedoch mit den Folgen leben. Bei den Gemeindewahlen im Gaza-Streifen erhielt die islamistische Hamas-Bewegung immerhin stolze 60 Prozent der Stimmen. Und im Irak hat nach ersten Einschätzungen eine schiitische Liste mit engen Kontakten zu Teheran das Rennen gemacht.