: Hoffenheim lässt grüßen
AUFSTIEG Die Fußballer von Holstein Kiel schaffen durch einen 1 : 0-Sieg den Aufstieg in die Dritte Liga. Dabei handelt es sich um den ersten Schritt in einem Masterplan, bei dem Trainer Falko Götz ein wichtige Rolle spielt
Falko Götz
VON CHRISTIAN GÖRTZEN
Federleichten Schrittes bahnte sich Falko Götz seinen Weg durch die Menschenmassen. Das Vergnügen und die Freude darüber, dass er Holstein Kiel durch einen 1 : 0-Heimsieg gegen den VfB Lübeck im letzten Saisonspiel in die Dritte Liga geführt hatte, stand dem 47 Jahre alten Trainer ins Gesicht geschrieben. Es war, als ginge Götz, einst Trainer bei Hertha BSC Berlin, auf Wolken, so ledig all der Sorgen und Ängste vor dem Scheitern.
Praktisch aus Hüfthöhe wurde er aus allen Träumen gerissen. Drei kleine Holstein-Anhänger im Alter von acht, neun Jahren waren an ihn herangetreten. Einer von ihnen brachte den Mut auf, ihn um ein Andenken an diesen historischen Moment, den Tag des Aufstiegs, zu bitten. „Götz, Götz, krieg’ ich Deine Uhr?“, fragte der Junge. „Meine Uhr?“, fragte Götz so irritiert zurück, als habe er sich verhört. Er blickte auf seine Uhr, deren Wert bei annähernd 2.000 Euro liegen dürfte, strich dem Kleinen über den Kopf und sagte milde: „Ihr habt keine Vorstellung.“
Ja, was waren das noch für Zeiten der Geborgenheit, als die kleinen Fans an großen Tagen den Kapitän um die Spielführerbinde baten, den Torhüter um die Handschuhe oder die Spieler um Autogramme! Es hat sich einiges geändert. Oder wer hätte es vor Jahresfrist für möglich gehalten, dass Falko Götz, der ehemalige Trainer von Hertha BSC Berlin, in die Fußball-Provinz Kiel hinabsteigen würde, um zusammen mit Andreas Thom, einem weiteren ehemaligen Bundesliga-Profi, den Verein aus der Viertklassigkeit nach oben zu führen? Kaum jemand. Und jetzt haben Götz und Thom den ersten Schritt vollzogen in einem Masterplan, der ein wenig nach einem „Hoffenheim für Arme“ aussieht. So wie es die TSG Hoffenheim unter Trainer Ralf Rangnick in die Bundesliga geschafft hat, so will es Holstein Kiel unter einem Trainer, der ebenfalls nicht den Rückschritt nötig gehabt hätte, zumindest in die Zweite Bundesliga schaffen.
Das Erreichen der ersten Stufe, der Aufstieg in die Dritte Liga, war am letzten Spieltag der Saison lange Zeit fraglich gewesen. Holstein hatte im Fernduell mit dem Verfolger Hallescher FC, der den Abstiegskandidaten VFC Plauen empfing, nur dank des besseren Torverhältnisses die günstigere Ausgangsposition gehabt. Lange mussten die Kieler zittern, ehe Tim Wulf in der 87. Minute die 9.700 Zuschauer im ausverkauften Stadion mit seinem Kopfballtreffer zum 1 : 0 erlöste. Durch diesen Treffer war der Aufstieg vollbracht, da zu jenem Zeitpunkt Halle mit 0 : 1 gegen Plauen zurücklag. Mit jenem Ergebnis endete auch das Spiel in Halle.
In Kiel wurde schon Minuten vor dem Abpfiff gefeiert. Und Falko Götz selbst sorgte bei der Pressekonferenz dafür, dass auf dem Platz vor dem Stadion ein weiterer Jubelschrei der Fans ausbrach. „Ich bin auch in der nächsten Saison Trainer von Holstein Kiel, und ich freue mich auf die Dritte Liga“, sagte er. In den vergangenen Tagen waren Gerüchte aufgekommen, dass Götz den Verein bereits in diesem Sommer schon wieder verlassen könnte, um beim Bundesligisten 1. FC Köln Nachfolger von Trainer Christoph Daum zu werden.
Götz wird sich in diesen turbulenten Zeiten, in denen Trainer flugs ihre Arbeitgeber wechseln, an seinem Worten messen lassen müssen. Es wirkte aufrichtig, wie er bereits in die Zukunft schaute. „Wir können ja erst jetzt, nach dem Aufstieg, mit den Planungen für die neue Saison beginnen. Aber ich kann versprechen, dass wir wieder einen starken Kader haben werden.“ Dieser wird auch nötig sein, schließlich geht es für Holstein Kiel nicht mehr gegen Mannschaften wie Altona 93, VFC Plauen und den FC Oberneuland, sondern gegen den VfL Osnabrück, Dynamo Dresden oder Eintracht Braunschweig.