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Archiv-Artikel

ORTSTERMIN: PRINZ ERNST AUGUST VON HANNOVER VOR GERICHT Die Wahrheit oder arge Probleme

Es soll bewiesen werden, dass der Prinz Brunlehner lediglich „symbolische Ohrfeigen“ gegeben hat

Ganz entspannt steht er vor den Mikrofonen und erzählt. Langsam kommen immer mehr Kameraleute, bis plötzlich Unruhe aufkommt und alle losrennen. Jetzt haben sie sich doch zu lange mit dem Beiwerk aufgehalten. Das ist ja nur der Doppelgänger von Prinz Ernst August von Hannover und jetzt ist er wohl da, der echte Adlige, im Gerichtssaal.

Prinzen-Double Claus Schoenekaes bleibt zurück, jetzt ist sie nicht mehr so interessant, diese Geschichte des freiberuflichen Betriebskaufmanns, der seit neun Jahren als Double auftritt. Und es wird heute auch nicht mehr klappen, den Prinzen zu treffen. Dabei hätte er sich doch gewünscht, ihn endlich mal kennen zu lernen. Aber Prinz Ernst August von Hannover geht später wieder so, wie er zuvor gekommen war: durch einen kleinen Gang direkt in den Gerichtssaal im Landgericht Hildesheim.

Dort werden die Bildermacher nach einer rund 20-minütigen Foto- und Filmeinlage vom Wachmann rausgeschmissen und die Verhandlung beginnt.

Im Jahr 2004 wurde Prinz Ernst August von Hannover vom Landgericht Hannover wegen gefährlicher Körperverletzung an dem kenianischen Discobetreiber Josef Brunlehner verurteilt.

Das Strafmaß damals: 178 Tagessätze à 2.500 Euro, macht 445.000 Euro. Ein Batzen Geld und noch dazu war der Prinz als Konsequenz vorbestraft. Mit einem neuen Anwalt will er nun im Berufungsverfahren ein milderes Urteil erreichen.

Seit Anfang 2005 ist der Anwalt Hans Wolfgang Euler für Prinz Ernst August an dem Fall dran. Mit neuen Zeugenaussagen, aufgrund deren das Berufungsverfahren überhaupt zugelassen wurde, soll bewiesen werden, dass der Prinz dem Nebenkläger Brunlehner lediglich zwei „symbolische Ohrfeigen“ gegeben, niemals einen Schlagring in der Hand gehabt und ihm auch keine 10 bis 15 Schwinger verabreicht habe. Brunlehner bleibt bei seiner Version, krankenhausreif vom Prinzen geprügelt worden zu sein.

Richter Andreas Schlüter sagt in seiner Vorrede, auch bei Verkehrsunfällen gebe es zwar oft unterschiedliche Aussagen, aber irgendwie bringe man die immer „unter einen Hut“. Doch hier gebe es zwei Aussagen, die sich vollkommen widersprechen. Irgendetwas stimme in diesem Fall nicht. Und diese Unstimmigkeiten nach neun Jahren und aus der Entfernung aufzuklären, sei eine schwierige Aufgabe. Aber wenn herauskomme, wessen Darstellung die falsche ist, bekomme derjenige „arge Probleme“ und auch die Staatsanwaltschaft werde das dann verfolgen.

Dann liest Verteidiger Hans Wolfgang Euler eine 17-seitige Erklärung von Prinz Ernst August vor, in der haarklein geschildert wird, wie die Tat aus seiner Sicht abgelaufen ist. Großen Raum nehmen auch die Vorwürfe gegen seinen ehemaligen Verteidiger ein. Dieser habe damals falsche Aussagen für den Prinzen abgegeben.

Zehn Verhandlungstage sind angesetzt, heute wird Brunlehner aussagen. Auf den nachdrücklichen Vorschlag von Richter Schlüter, „diese monströse Beweisaufnahme“ zu umgehen und das Verfahren mit einer hohen Geldauflage zum Abschluss zu bringen, wollten die Verfahrensbeteiligten nicht eingehen. Dann werde man sich jetzt eben „mit großer Ernsthaftigkeit“ der Beweisaufnahme widmen, sagte der Richter. TIM MEYER