: 3, 2, 1, SS-Uniform meins?
Ein österreichischer Journalist sagt: ebays Sicherheitsvorkehrungen sind nachlässig
Ein dunkler Schatten ist gerade noch einmal vorbeigezogen an ebay.de. Der Feind lauerte im eigenen Portal. Artikelnummer 6153840930 barg schmutzige Flecken, die sich auf der weißen Weste des beliebten Onlineauktionshauses unattraktiv festsetzen könnten. Gestern endete die Auktion zwar erfolglos. Keiner wollte die Werberechte an Walter Egon Glöckels Buch „Der Schatten von ebay“. Doch der österreichische Journalist gibt nicht auf. Denn er weiß von „dubiosen Geschäftspraktiken“ und „länderübergreifendem schwerem Betrug bis zur Unterschlagung“ zu berichten. Und er hat beobachtet, dass man bei ebay relativ problemlos Nazi-Propagandamaterial shoppen kann, obwohl sich das Onlineauktionshaus seiner rigiden Kontrollen rühmt.
Als ihm selbst eine Auktion mit einer harmlosen Autozeitschrift gesperrt wurde, weil sie offensichtlich Begriffe enthielt, die ebay automatisch aussortiert, wurde Glöckel hellhörig. „Dieses Raster, das ebay anwendet, ist sehr undurchsichtig und viele wirklich problematische Angebote fallen durch. Ersetzen Sie mal SS durch XX und Sie werden es sehen.“ Ebay-Sprecher Nerses Schupurian: „Wir wissen das und filtern die Angebote. Wenn sie indiziert sind, löschen wir sie.“
Glöckel, der in einem anderen Buch beschreibt, wie er mit eay „überlebte“, indem er sich eine Zeit lang nur mit versteigerten Sammelstücken finanzierte, begann also mit den Recherchen für „Der Schatten von ebay“. Über 5.000 selbst eingestellte und gekaufte Artikel unter verschiedenen Accounts hat den 63-Jährigen das aufklärerische Werk gekostet. Für 333.000 Euro (Sofort-Kaufen-Preis: 500.000 Euro) wollte jedoch vorerst niemand die Werbeexklusivrechte daran ersteigern. Die Auktion endete gestern erfolglos um 14.33 Uhr. Also ab damit in die Buchhandlungen? Nein, für eine Printversion seien Göckel die gesammelten Erkenntnisse zu wichtig, sagt er. „Es sollen möglichst viele Menschen erfahren, wie nachlässig ebay arbeitet.“ Er plant, das Buch online zu stellen und den Zugang für die Nutzer kostenpflichtig zu machen.
Die Behörden seien rückständig, wenn es um das Verfolgen von Straftaten im Onlinegeschäft gehe. Und ebay halte sich mit Stellungnahmen gegenüber geschädigten Nutzern sehr zurück, so Glöckel. Gefahren in Gestalt von dubiosen Mitgliedern lauern überall zwischen Hausrat, Motorrädern, Nippes und Klamotten. Aber: „Nur 15 Prozent der Schäden kommen zur Anzeige. Ebay verdient jedoch durch die stets fälligen Gebühren an den Auktionen.“ Der Journalist glaubt, die Internetfirma sei überfordert. „Sie haben zu wenig Personal, um die Sicherheit zu garantieren.“ Glöckel, früher als verdeckter Ermittler bei der Polizei tätig, weiß von einer international tätigen Verbrecherorganisation, die er mit beobachtet: „Die zieht bei den Versteigerungen die Leute reihenweise über den Tisch.“ JULIANE GRINGER