: Jürgen Rüttgers, die Hausfrau
„Hi, hallo, grüß Gott“: Heute mimt NRWs CDU-Chef den stillen Jürgen in der ZDF-Doku-Soap „3 Tage Leben – Der Alltagstest für Politiker“. Wenn er so Wahlkampf macht, hat die SPD schon gewonnen
VON BORIS R. ROSENKRANZ
Wenn Politiker Sachen machen, die sie hassen, die ihnen aber irgendein nervensägender Imageberater ins Terminbuch gekritzelt hat, dann nennt man das Wahlkampf. Und wenn der gerade ist, dann bitteschön, wird das halt durchgezogen. Dann lässt sich auch der NRW-CDU-Boss Jürgen Rüttgers vom ZDF auf die Imagefarm schicken, wo er dann für die Doku-Soap „3 Tage Leben – Der Alltagstest für Politiker“ in die Rolle einer alleinerziehenden Mutter und Lehrerin aus Essen gequetscht wird.
Drei Tage muss Rüttgers Kinder verwahren, die wie Frauenzeitschriften (Brigitte) oder Bündnis-Grüne (Frithjof) heißen, er muss kochen, spülen, an einer Hauptschule das Ei erklären. Als er versucht, sich an die Schulklasse ranzuschmeißen, fragen die Blagen nach, nun ja: nach Gerhard Schröder. Der CDU-Chef prahlt: „Ja, kenn‘ ich, hab‘ sogar schon ein Bier mit dem getrunken!“ Oho. Ob er denn auch ein Autogramm besorgen könne vom Kanzler? „Joah“, druckst Rüttgers, „kann ich dem sagen – obwohl ich eigentlich von der anderen Partei bin“. Eigentlich.
Wer im Wahlkampf kumpeln will, sollte einigermaßen locker rüberkommen. Aber wie gibt man den lockeren Polit-Onkel, wenn man Jürgen Rüttgers heißt? Vielleicht so: „Hi, hallo, grüß Gott: Ich bin Jürgen Rüttgers.“ Naja, vielleicht auch nicht. Aber man muss eben für jeden Rüttgers-Laut dankbar sein, der heute Abend im Spätprogramm des Traumschiff-Senders zu menschelndem Quark verrührt wird: Viel sagt Rüttgers nämlich nicht. Meistens sitzt am Küchentisch nur der stille Jürgen von der Zeh-deh-uh. So dass TV-Tochter Angela sehr bald richtig bemerkt: „Er sagt, ähm – nichts.“
Das stimmt natürlich auch nicht ganz: Irgendwann nämlich erklärt Jürgen Rüttgers, von dem man im Vorspann erfährt, dass er im Mai Ministerpräsident werden will, er sei Politiker, und „dazu gehören dann immer Sachen, dass man was für‘s Fernsehen macht.“ Aha. Und was erfährt der Zuschauer noch so über den 53-Jährigen? Das ist schnell gesagt: Er spült daheim, im richtigen Leben, oft ab, kocht aber „sehr, sehr selten“. Er war Pfadfinder, woran er sich beim Kochen erinnert. Er ist „für mehr demokratische Struktur“ beim Tischdecken, unterwirft sich aber gerne. Er will mit Euros für Grillfleisch „29 Pfennig“ zahlen. Dabei hat das Grillfleisch mehr Kamerapräsenz als er selbst. Abspann.
„3 Tage Leben“, 22.45 Uhr, ZDF