: Golden angemalte Zitronen
HIP-HOP „Atmosphere“ gehören zu den ältesten und erfolgreichsten Indie-Hip-Hoppern. Jetzt feiern sie mit einer Tour gleich zwei Alben: das aktuelle „When God Gives You Lemons, You Paint That Shit Gold“ und die Neuauflage des Klassikers „God Loves Ugly“
VON ROBERT MATTHIES
Nichts, aber auch gar nichts ist gelogen. Word up. Aber es gibt eben auch einen großen Unterschied zwischen Lügen und Geschichtenerzählen. Und ein Geschichtenerzähler ist MC Sean „Slug“ Daley von den US-Hip-Hoppern „Atmosphere“ allemal mehr als die meisten seiner Kollegen. Wo andere mit dem Handtuch um den Hals den Maulhelden geben, beschäftigt sich „die Schnecke“ mit seiner Umwelt auf sehr persönliche Art: Schwierigkeiten mit (illegalisierten) Genussmitteln, dem Tourleben, der Arbeit – und immer wieder den Frauen.
Mit „Lucy“ etwa, der mit Abstand am häufigsten vorkommenden Protagonistin seiner Songs. Anfangs stand sie für Slugs On-Off-Beziehung und Mutter seines Sohns Jacob. Im Verlauf der Zeit nahm Lucy immer größere Ausmaße an und wurde schließlich zum Werkzeug, um über Alkoholismus und Abhängigkeit, Politik, Schuldgefühle, Frauen im Allgemeinen – oder Hip-Hop im Allgemeinen – zu schreiben: „It’s all been said before, buried in a metaphor, Lucy is Hip-Hop, and Jacob’s a prince, Sean is an old man, and Slug is a pimp!“, erfährt man in einem Posse-Track mit den Freunden und Kollegen Brother Ali und Sage Francis auf dessen „Sickly Business“-Album.
Slugs Kombo „Atmosphere“, mit der er gemeinsam mit dem Produzenten Anthony „Ant“ Davis und vorübergehend dem DJ Mr. Dibbs seit 1993 aktiv ist, ist ein Kind der anspruchsvollen Untergrund-Hip-Hop-Szene Minneapolis’, die sich Anfang der Neunziger unter dem Dach des „Rhymesayers Collective“ gesammelt hat. Hier konnte nur bestehen, wer einfallsreich, komplex und intelligent rappen konnte, am besten frei.
Derzeit sind „Atmosphere“ auf Tour, um gleich zwei Alben auf einmal zu feiern: das aktuelle Album „When God Gives You Lemons, You Paint That Shit Gold“ und die Neuauflage des zwischenzeitlich vergriffenen 2002er-Klassikers „God Loves Ugly“. Unterstützung bekommen sie dabei von kongenialen Kollegen aus Australien. Die „Hilltop Hoods“ sind auf der anderen Seite der Erde längst Superstars: das dritte Album „The Hard Road“ war das erste Hip-Hop-Album auf Platz eins der ARIA-Charts.
■ Mi, 8. 7., 21 Uhr, Knust, Neuer Kamp 30