: Ein Fest wird kommen
SCHANZENFEST Nachdem Anfang Juli die Polizei Krawalle provozierte, wollen Anwohner ihr Fest im September fortsetzen. An den Innensenator appellieren sie, die Spirale der Gewalt zu stoppen
Das Schanzenfest wird seit 1988 jährlich abgehalten. 2003 brennen im Anschluss erstmals kleine Müllbarrikaden in der Umgebung.
■ 2004 wird das Fest erstmals nicht angemeldet: Die Veranstalter halten die städtischen Auflagen für nicht einzuhalten.
■ 2006 werden bei den Krawallen Festgenommene durch UV-Schutzbrillen geblendet und orientierungslos stehen gelassen.
■ 2008 stürmt die Polizei nachts das Hausprojekt Schanzenstraße 41a, 2009 gleich das ganze Fest, noch ehe es zu Krawallen kommt
Die Devise: Jetzt erst recht. Nach dem Polizeieinsatz beim diesjährigen Schanzenfest am 4. Juli sei die Stimmung im Viertel „hoch gereizt“, berichtet Peter Hass, seit 30 Jahren Buchhändler im Schanzenviertel. „Das Fest hat nicht wie wir es wollten bis zum Ende stattgefunden“, sagt Hass. Deshalb haben Anwohnerinitiativen und Gewerbetreibende beschlossen, am 12. September das Schanzenfest in ihrem Sinne fortzusetzen.
Das sei „keine Kopfgeburt“, sondern die „richtige Antwort auf die Eskalationsstrategie der Polizei“, sagt Thomas Martin im Namen mehrerer Stadtteilgruppen. „Repression ist keine Antwort auf soziale Fragen.“ Mit der Fortsetzung solle verdeutlicht werden, dass das „nicht-kommerzielle Fest“ auch künftig als „politisches Forum“ dienen solle, sagt Andreas Blechschmidt von der Roten Flora. Zudem, so Martin weiter, solle verhindert werden, dass ein schwarz-grüner Senat auf „politische Konflikte mit dem Ausnahmezustand reagiert“: Das sei ein Verständnis aus den fünfziger Jahren.
Während aus der Innenbehörde erste Drohgebärden kolportiert werden, hofft Anwalt Marc Meyer, der am 4. Juli als Vermittler zwischen den Organisatoren und dem Bezirksamt Altona fungierte, dass auch das September-Fest geduldet wird – „und diesmal bis zum Ende um 22 Uhr“.
Mehrere Vertreter des Vorbereitungskreises haben noch einmal die Ereignisse am vorvorletzten Wochenende analysiert, an dem ein geplanter Polizeieinsatz eine Straßenschlacht ausgelöst hatte. Das zumindest hat inzwischen Polizei-Gesamteinsatzleiter Peter Born im Innenausschuss eingeräumt. „Die Polizeitaktik war auf Provokation und Eskalation ausgerichtet“, sagt der Anwalt Andreas Beuth. Während die Polizei in früheren Jahren das „Kooperationsgespräch“ gesucht habe, so Beuth, sei das diesmal „nicht gewollt“ gewesen. Vielmehr hätten die Uniformierten den Abend in „die direkte gewalttätige Auseinandersetzung geführt“, sagt der Rechtsanwalt.
Für Blechschmidt bietet das erneute Fest daher auch die Chance, „die Spirale der Gewalt zu stoppen“: Die „politische Kampfansage“ durch Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU), das Fest zu verbieten, sei der Grund für die Eskalation gewesen. Im September nun habe Ahlhaus die Möglichkeit, so Blechschmidt, „politisches Augenmaß“ zu zeigen und die „Option der Deeskalation“ anzuwenden. „Es wird ein Fest stattfinden“, sagt Ini-Sprecher Martin – „die Frage ist nur, wie.“ KAI VON APPEN