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Shitstorm gegen „Decolonizing Christmas“Weihnachtliche Hetze

Die Zeitung „Die Welt“ führt eine Kampagne gegen eine antikoloniale Ausstellung zur christlichen Weihnachtsgeschichte. Berlins Bürgermeister Wegner springt drauf an.

Wenn die „Welt“ hetzt, hetzt Kai Wegner hinterher Foto: dpa

Der Shitstorm gegen die Veranstaltung „Decolonizing Christmas“ bahnte sich bereits am Montag bei der ersten – und nun wohl auch letzten – Führung durch den Weihnachtsgarten der Friedenskirche Charlottenburg an. Das Springer-Medium Welt war mit gleich vier Redakteuren inklusive eines Kamerateams eingeritten. Fragen eines Reporters danach, warum nur über christlichen Fundamentalismus gesprochen werde, deuteten darauf hin, dass es ihnen nicht um eine ergebnisoffene Berichterstattung gehen würde.

Es kam, wie es kommen musste: Nach einem ersten, noch relativ unaufgeregten Text des Welt-Redakteurs Maximilian Heimerzheim feuerte das Medium los. Unter der Überschrift „Weihnachtshasser schwingen Rassismuskeule“ behauptete die Welt in einem Video, die Ver­an­stal­te­r*in­nen wollten „Weihnachten abschaffen“ – ein Satz, der nie gefallen ist. Und das Springer-Medium legt kampagnenhaft nach, mit inzwischen einem halben Dutzend (Video-)Berichten. In einem sagt Heimerzheim: „Dekolonisierung muss man kritisieren.“

Interviewt wurde dabei auch Seyran Ateş, die sich von der Veranstaltung entsetzt zeigte: Es werde versucht, das Christentum zu „deinstallieren“, sagte die Gründerin einer liberalen Moschee. „Anders kann ich es nicht bezeichnen.“ Wegen Morddrohungen von radikalen Muslimen kann Ateş seit Jahren nur mit Polizeischutz auf die Straße gehen. Man erlebe an Schulen in Deutschland, dass sogenannte Traditionen des Islams wie Geschlechtertrennung, Halal-Essen oder das Tragen eines Kopftuchs durchgesetzt würden, während parallel dazu „Menschen Weihnachten abschaffen“ wollten, so Ateş.

Angestachelt von der Welt entlädt sich inzwischen eine Hetzwelle gegen die Organisator*innen, bei dem auch das rechte Medienportal Nius munter mitmischt. Pseudoneutral schrieb der Tagesspiegel von einer „kritischen Berichterstattung“ der Welt. Auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sprang auf die Hetzkampagne auf: „Weihnachten ist das Fest der Liebe und eines unserer höchsten christlichen Feste. Veranstaltungen wie ‚Decolonizing Christmas‘ braucht niemand – schon gar nicht, wenn sie aus Steuermitteln finanziert werden“, schrieb der Regierende Bürgermeister auf X. Er fordere Aufklärung durch die zuständige Senatsverwaltung.

Kultursenatorin widerspricht

Das ist die Kultursenatsverwaltung unter Führung von Sarah Wedl-Wilson (parteilos, für CDU), die die Führung in der Friedenskirche gefördert hat. Wedl-Wilson verteidigte die Förderung: „Der Vorwurf, Weihnachten abschaffen zu wollen, geht völlig an den Inhalten der Veranstaltung vorbei“, schrieb sie. Als gläubige Christin wolle sie sich jedoch von „derartigen Schlagworten und missverständlichen Titeln von Veranstaltungen“ klar distanzieren. Die Senatsverwaltung denke „nicht im Entferntesten“ daran, die für unsere Gesellschaft so wunderbare Tradition des christlichen Weihnachtsfestes und seine christliche Botschaft verändern zu wollen. „Das Gegenteil ist der Fall.“

Das Forum der Religionen sagte eine Nachfolgeveranstaltung, die für den 15. Dezember geplant war, am Mittwoch ab. Grund seien E-Mails mit „diffamierendem und aggressivem Wortlaut“ sowie Bedrohungen der muslimischen Referierenden. Die Sicherheit der muslimischen Referierenden könne nicht mehr gewährleistet werden. Man stehe voll und ganz hinter der Referentin, die „unverschuldet einer Hetzkampagne ausgesetzt ist“, hieß es gegenüber der taz.

In einem Statement hieß es darüber hinaus: „Unser Anliegen war, eine Veranstaltung im kooperativen und dialogbejahenden Geist durchzuführen. Es ging um die Erweiterung von Perspektiven auf und die Auseinandersetzung mit der Weihnachtsgeschichte. Wir wollten den Reichtum und die Vielfalt der Überlieferung erkunden und auch kritischen Perspektiven Raum geben.“ Nun sei man „sehr verunsichert, dass dieser Austausch durch die Berichterstattung der Welt so beschädigt wurde“.

Auf der Website der Kirche wird jetzt nur noch für das Weihnachtssingen am 20. Dezember und „Die Weihnachtsgeschichte interaktiv und live“ geworben. Auch mal eine neue Perspektive.

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