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Archiv-Artikel

Inspiration aus der traurigen Realität

Deutsch-französisches Tanztheater integriert die zeitgenössische Jugendstraßenkultur. Nach dem großen Erfolg des HipHop Theaters „Rumble“ im letzten Jahr hat jetzt die neue Produktion „41“ in den Herner Flottmannhallen Premiere

Das Renegade Theater aus Herne repräsentiert nicht nur die Kultur der Straße, sondern integriert in ihre Theater-Tanz-Performances auch Formen der Straßenkunst. „Wir sind da in einer Vorreiterrolle“ sagt Produktionsleiter Zekai Fenerci. Neben TänzerInnen der Folkwanghochschule und AbsolventInnen verschiedener Schauspielschulen wirken in den Stücken GettotänzerInnen der Breakdance- und Battleszene mit. „Damit entsteht über die biografische Reflexion ein Spannungsfeld der Emotionen auf der Bühne“, erläutert Choreograf Lorca Renoux das erfolgreiche Konzept. Gleich mit der ersten Produktion Rumble erhielt man im letzten Jahr die begehrten Preise auf dem internationalen Fringe Festival in Edinburgh und des NRW-Theaterzwang-Festivals.

Das neue Hip-Hop-Stück 41 in Koproduktion mit der französischen Künstlerkooperative Les Petits Poissons soll daran anknüpfen. Die Inspiration dafür stammt aus der traurigen Realität: In den USA verwechselt ein Polizeikommando die Hausnummer der gesuchten Zielperson und erschießt nach offizieller Lesart versehentlich einen Jugendlichen mit 41 Kugeln. Die Reaktion darauf ist eine spontane Demonstration von mehreren hundert Jugendlichen. Renoux Fragestellung lautet nun: „Geschehen solche im Namen der Staatsräson vollzogenen Willkürakte nicht tagtäglich in irgendeinem Teil der Welt und sind die psychologisch bedingten Gegenreaktionen auch ähnlich gelagert?“ Tanz, Musik und Videosequenzen arbeiten sich an dieser Fragestellung ab. Der Vorfall scheint jederzeit an jedem Ort möglich. Diese Assoziation, verdichtet sich im eigenem Kopf, die Kritik an herrschenden Verhältnissen wächst. Dennoch nennt Fenerci die Produktion „ein Experiment“. Man könnte sie auch mit den Worten des Pop-Art-Künstlers Claes Oldenburg beschreiben: „Kunst, die etwas anderes tut, als in einem Museum auf dem Arsch zu sitzen“.

BERND SCHÄFER

Heute, 20:00 Uhr Flottmann-Hallen, HerneInfos: 02323-162951