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Textilindustrie in BangladeschHoffen auf den nächsten Zolldeal

US-Strafzölle sollen auch Stoffe und Kleidung aus dem südasiatischen Land Bangladesch treffen. Wieder muss eine Regierung in Washington zu Kreuze kriechen.

Trumps crazy Zollpolitik geht auch in Bangladesch auf Kosten der Ärmsten Foto: Ahmed Salahuddin/NurPhoto/imago

Mumbai taz | In der Hauptstadt Dhaka ist die Stimmung angespannt. Bald jährt sich die Befreiung von der autoritären Regierung Sheikh Hasinas. Doch statt auf die anstehenden Feierlichkeiten richtet sich der Blick nach Washington. Dort verhandelt eine Delegation unter Führung von Handelsminister Mahbubur Rahman seit Dienstag mit der US-Regierung. Denn für den 1. August hat US-Präsident Donald Trump Strafzölle in Höhe von 35 Prozent auf Textilimporte aus Bangladesch angekündigt.

Diese wären ein schwerer Schlag für das Entwicklungsland, das über 80 Prozent seiner Exporterlöse mit Bekleidung erzielt. Immerhin gibt es zaghaft positive Signale. Vor weiteren Gesprächen, die für Mittwoch und Donnerstag geplant waren, sagte Rahman: „Wir erwarten eine erhebliche Senkung der Zölle.“ Über die Höhe könne er allerdings noch nichts sagen.

2024 exportierte Bangladesch Konfektionsware im Wert von 7 Milliarden US-Dollar in die USA, nur die Ausfuhren nach Europa waren mit 9,68 Milliarden US-Dollar umfangreicher. Sollte Trump seine Drohungen umsetzen, drohen Schließungen und Stellenkürzungen.

Mehr als 1.500 bangladeschische Fabriken produzieren für den US-Markt, 250 davon wären direkt betroffen, schätzt der Verband ­BGMEA, weitere 1.000 müssten ebenfalls mit Folgen rechnen. In der Textilbranche sind zudem 60 Prozent der Beschäftigten Frauen, die durch ihr Einkommen gesellschaftliches Ansehen gewonnen haben. Für sie wird es schwierig werden, Alternativen zu finden.

Gewerkschaften protestieren

Deshalb bangt nun das ganze Land mit, was die Verhandlungen bringen. „Wir sind besorgt“, sagte Asif Ashraf, ehemaliges führendes Mitglied des Branchenverbands der Textilexporteure ­BGMEA, der taz. Der Textilunternehmer beliefert Kunden weltweit, auch in den USA. „Alle Fabrikanten sitzen im selben Boot“, erklärt er. Und auch die Gewerkschaften riefen vor der US-Botschaft in Dhaka zum Protest auf. Ex­per­t:in­nen warnen vor einer möglichen Rezession.

Zwar kämpfen auch andere Länder mit Zöllen: Sri Lanka liegt bei 30 Prozent, Vietnam bei 20 und Indonesien sowie die Philippinen liegen bei 19 Prozent. In Bangladesch – und Kambodscha, dem ebenfalls 35 Prozent drohen – fürchten die Unternehmen, dass US-Auftraggeber ihre Bestellungen verlagern. „Wenn Importe aus Sri Lanka, Pakistan oder Indien günstiger sind, ist das ein Problem für uns“, sagt Ashraf. Vor allem Vietnam ist ein starker Konkurrent. Und um mit dem führenden Exporteur China mitzuhalten, müsse Dhaka deutlich stärker in die Textilwirtschaft investieren.

Folgen zeigen sich bereits. Lieferungen an US-Kunden wie Walmart liegen auf Eis, berichten Medien. Andere Produzenten hätten Anfragen erhalten, Ware vor August per Luft statt per Schiff zu versenden, um die Abgabe zu umgehen, sagt Unternehmer Ashraf. Er warnt vor einer Abwärtsspirale: Höhere Zölle könnten die Preise in den USA hochtreiben und die Nachfrage dämpfen.

Wie auf einem Basar

Bei den Verhandlungen wird es auch um Gegenleistungen gehen: So wollen die USA mehr Baumwolle nach Bangladesch exportieren. „Ich nutze US-Baumwolle schon länger. Sie ist teurer, aber eignet sich für helle Stoffe“, sagt Ashraf. Doch das könne nur „ein Baustein“ im komplexen globalen Gefüge sein. Auch über die Einfuhr von US-Weizen sowie die Anschaffung von US-Flugzeugen wird gesprochen.

Viele in der Branche hoffen nun, dass ein Last-Minute-Deal mit Washington die Wirtschaft beruhigt. Immerhin habe die Übergangsregierung in Dhaka auch schon „wichtige Schritte eingeleitet“, um das Bankenwesen zu stabilisieren – Reformen im Textilsektor fehlen jedoch noch. Seit dem vergangenen Jahr haben viele Fabriken schließen müssen.

Zu den Zollunsicherheiten kommen geopolitische Reibungen mit Indien, über dessen Häfen eine wichtige Handelsroute führt. Die Branche versucht nun, teils bereits erfolgreich, auf den Luftweg über die Malediven auszuweichen.

Was die laufenden Gespräche angeht, ist Unternehmer Ashraf nach den Rauchzeichen von Dienstagabend vorsichtig optimistisch. Er glaubt, dass die Regierung eine gute Lösung verhandeln kann.

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